Studie des Wuppertal Instituts und Butterfly Effect Consulting zeigt Potenziale auf
30.06.2025Wer den Bausektor in Deutschland nachhaltig aufstellen will, muss Klima- und Ressourcenschutz an vorderste Stelle setzen. Das ist das Kernergebnis der Studie „Nachhaltige Baustoffwende“, die das Wuppertal Institut in Zusammenarbeit mit Butterfly Effect Consulting im Auftrag von Holcim Deutschland erstellt hat.
Chancen für Innovation, Wachstum und Beschäftigung
Die Transformation ist notwendig, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens, des European Green Deals, der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) und des Klimaschutzgesetzes zu erreichen, heißt es in der Studie. Kreislaufwirtschaft bietet darüber hinaus aber auch Chancen für Innovation, Wachstum und Beschäftigung und stärkt zudem, etwa durch Urban Mining oder die Produktion von zirkulären Baustoffen, regionale Wertschöpfungsketten.
"Historisch einmalige Chance"
„Das 400 Milliarden Euro umfassende Sondervermögen der Bundesregierung zur Sanierung der Infrastruktur bietet dafür eine historisch einmalige Chance“, kommentiert Thorsten Hahn, CEO von Holcim Deutschland. „Dazu muss die öffentliche Hand eine Vorreiterrolle bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsstandards, der Verwendung nachhaltiger Baustoffe und der Etablierung zirkulärer Baupraktiken einnehmen.“
Der Bausektor in Deutschland ist für rund 40 Prozent des Rohstoffverbrauchs verantwortlich und verursacht dabei erhebliche CO₂-Emissionen. Zudem fallen bei Neu- und Umbauten sowie beim Abriss von Gebäuden erhebliche Mengen an Abbruchmaterial an, die in Deutschland etwa 55 Prozent des gesamten Abfallaufkommens ausmachen. Obwohl mineralischer Bauschutt bereits zu rund 90 Prozent recycelt wird, geschieht dies oft nicht gleichwertig zur Erstnutzung, zum Beispiel für Tragschichten im Straßenbau. Das Potenzial für gleich- oder höherwertige Wiederverwertungen wird dabei nicht ausgeschöpft.
Das verdeutlicht die Notwendigkeit, die Baubranche nachhaltiger und klimafreundlicher aufzustellen. „Wir haben in der Studie viele Potenziale herausgearbeitet, wie Baustoffe ressourcenschonender hergestellt und genutzt werden könnten", sagt Monika Dittrich, Leiterin des Forschungsbereichs Zirkuläre Systeme am Wuppertal Institut. „Für eine erfolgreiche Umsetzung brauchen wir aber Tempo und entschlossenes politisches Handeln. Die öffentliche Hand hat durch ihre immense Nachfrage die Kraft, die Transformation anzustoßen. Und sie hat die Möglichkeiten, die Wende über regulatorische Vorgaben voranzutreiben.“
Ökologisch geboten, technisch machbar: Warum die Baustoffwende dennoch lahmt
Trotz der ökologischen Notwendigkeit und vorhandener rechtlicher Rahmenbedingungen wie der EU-Taxonomie, der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) und der Mantelverordnung für mineralische Ersatzbaustoffe zeigen sich bei der Umsetzung der Baustoffwende noch Defizite und Hemmnisse.
So macht die Studie etwa auf die unzureichende Integration der Kreislaufwirtschaft im Bauwesen aufmerksam – wie etwa fehlende digitale Tools wie BIM (Building Information Modeling) oder Materialpässe, unklare Standards für recycelte Materialien, komplexe Zulassungsverfahren und unzureichende Datenbanken für Sekundärrohstoffe. Zudem werden Umweltkosten nicht vollständig berücksichtigt, die Förderanreize sind ausbaufähig und es fehlt an verbindlichen Rezyklatquoten.
Acht Handlungsfelder: Worauf es jetzt ankommt
Die Studie identifiziert acht zentrale Handlungsfelder für politische Entscheidungsträger*innen und die Bauwirtschaft, um die notwendige Transformation voranzutreiben:
- Verbindliche Rezyklatquoten und Materialvorgaben: Etablierung klarer Mindestanteile für Sekundärrohstoffe in Bauprojekten, insbesondere im öffentlichen Bereich.
- Lebenszyklusbasierte Ökobilanzierung im Bauwesen: Einführung verbindlicher Lebenszyklusanalysen bei Planung, Ausschreibung und Genehmigung von Bauvorhaben.
- Nutzung des Vergaberechts als Transformationshebel: Integration von Nachhaltigkeitskriterien in öffentlichen Ausschreibungen – nicht nur als Option, sondern als Standard.
- Finanzielle Anreize und Investitionsprogramme: Schaffung ökonomischer Rahmenbedingungen, die Investitionen in zirkuläre Produktionsprozesse, Baustoffe und Bauweisen fördern.
- Digitale Infrastruktur und Transparenz: Aufbau von Materialpässen, Gebäudekatastern und Urban-Mining-Datenbanken zur besseren Planbarkeit und Steuerung des zirkulären Bauens.
- Wissen, Qualifikation und Kulturwandel: Förderung von Fachstudium, Weiterbildungsangeboten, Normenverständnis und Planungsinstrumenten für alle Akteursgruppen.
- Strategie für Urban Mining: Systematische Erfassung, Bewertung und Aktivierung anthropogener Lager als Ressource der Zukunft.
- Klare Definition von Abfallende-Eigenschaften: Rechtssicherheit für Sekundärmaterialien durch bundeseinheitliche Regelungen und vereinfachte Zulassungsverfahren für zirkuläre Produkte bzw. Recyclingprodukte.
Die Studie „Nachhaltige Baustoffwende“ aus dem April 2025 steht hier zum kostenlosen Download bereit.
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