Hochwasserfreilegung: Mega-Damm mit
Zugspitzblick
Im Landkreis Garmisch-Partenkirchen wurde für eine Bundesstraße ein Damm durch eine naturnahe Senke geschaffen. Das Projekt wurde bereits in unserem Jahrbuch 2025 vorgestellt. Jetzt erschien der neue Band „Beton Bauteile 2026“ und kann über den Bauverlag-Shop bestellt werden.
Der Damm ist gekennzeichnet durch zahlreiche Durchflusskanäle, die ein Aufstauen der Loisach unterbinden, um so Hochwasserschäden zu minimieren. Das Murnauer Moos liegt im Landkreis Garmisch-Partenkirchen am Nordrand der bayerischen Alpen. Mit einer Fläche von 32 km² gilt es als das größte zusammenhängende, naturnah erhaltene Moorgebiet Mitteleuropas. Durchzogen wird es u.a. von der Staatsstraße 2062. Weil die gesamte Straße innerhalb des Moores bereits bei geringfügigen, zum Teil jährlich stattfindenden Hochwasserereignissen vollständig überflutet wird und es immer dann zu regelmäßigen Sperrungen der Straße kommt, wurde dieser Abschnitt durch den Bau eines Damms um ca. 2,75 m angehoben. Für einen geregelten Durchfluss des Wassers von Südwest nach Nordost durch den Damm sorgen 20 Rechteckdurchlässe mit einer Gesamtlänge von 460 m vom Betonwerk Hans Rinninger u. Sohn GmbH u. Co. KG aus Kißlegg im Allgäu.
Die Staatsstraße St 2062 ist einer der beiden Hauptzubringer für die Unfallklinik in Murnau und bei einer Sperrung musste bisher stets ein längerer Umweg in Kauf genommen werden. Auch ansonsten war die Straße als Barriere und damit große Vorbelastung für den Wasserhaushalt zu sehen: Bisher konnte lediglich durch die wenigen bestehenden Durchlässe unter der Straße ein Wasseraustausch von Südwesten nach Nordosten entlang des natürlichen Abflusses stattfinden. Geplant war daher eine um 2,75 m angehobene Straße mit einem Querschnitt von 7 m und einem 1,50 m breiten Bankett entlang des nordöstlichen Fahrbahnrandes; ebenso im Abstand von 2 m ein bituminös befestigter und Radweg in einer Breite von 2,50 m mit einem 0,50 m breiten Bankett. Dipl.-Ing. Wolfgang Rieger vom Staatlichen Bauamt Weilheim schildert die Maßnahme: „Rund 7.000 m³ Torf mussten wir zunächst für die Herstellung eines stabilen Arbeitsplanums für die Baugeräte ausheben, bevor die Bauarbeiten für den Damm beginnen konnten. Um den höherzulegenden Damm auf dem Torfuntergrund zu stabilisieren, wurden zunächst 2.835 Betonstopfsäulen mit einem Durchmesser von 0,6 m und Fußaufweitung bei einer mittleren Einbindetiefe von ca. 10 m hergestellt. Dies entspricht etwa 10.000 m³ Beton. Auf die fertiggestellten Betonstopfsäulen wurde abschnittsweise ein ca. 10.000 m² großes, 40 cm dickes Lastverteilungspolster in Form von lageweise eingebauten Geogitter- und Feinschotterlagen hergestellt.“
Hydrologischen Zustand des Moores so wenig wie möglich verändern
Um den hydrologischen Ist-Zustand des Moores so wenig wie möglich zu verändern, wurde auf dem somit stabilisierten Untergrund der neue Straßendamm mit 20 Stahlbeton-Rechteckdurchlässen vom Betonwerk Hans Rinninger u. Sohn GmbH u. Co. KG aus Kißlegg aufgebaut. Im Hochwasserfall kann das Wasser so ungehindert weiter durch das Moor strömen. Die jeweils ca. 23 m langen Durchlässe – bestehend aus je acht Rahmenprofilen und zwei Böschungsstücken – haben eine lichte Weite von 2 m und eine lichte Höhe von 1,60 m bei 20 cm Wandstärke rundum, wobei die Positionierung der Durchlässe auf das Raster der Betonstopfsäulen ausgerichtet ist. Hierzu erläutert Robert Hyna von der Hyna + Weiß Bauingenieure GmbH aus Friedberg: „Die Fertigteildurchlässe wurden auf dem 10 cm dicken Feinschotterplanum über dem Lastverteilungspolster aufgesetzt. Bei dem Achsabstand der Betonstopfsäulen von 1,85 m wurden die Durchlässe jeweils mit den Wandbereichen genau über den Betonstopfsäulen ausgerichtet. So stehen die Durchlässe über zwei nebeneinander stehenden Säulenreihen.“ Da jeder Rahmen nur ein Gewicht von ca. 10 t hat, konnten diese gut von der Richard Schulz Tiefbau GmbH & Co. KG mit einem Bagger versetzt werden, ohne dass ein schwerer Kran erforderlich gewesen wäre. Im Anschluss an die Dammschüttung erfolgte die Asphaltierung der Fahrbahn sowie des Geh- und Radweges.
Fertigteile perfekt auf Anforderungen abgestimmt
Jörg Rinninger, geschäftsführender Gesellschafter des Betonwerks, schildert die Besonderheiten des Projektes: „Unsere Planungsabteilung war von Beginn an in das Projekt eingebunden. So konnten wir die Bauteile bis ins kleinste Detail in der Art konstruieren, dass diese perfekt auf die Betonstopfsäulen abgestimmt waren – sicher ein großer Vorteil für die Logistik auf der Baustelle. Die Bauteile wurden aus Hochleistungsbeton C 60/75 mit sehr geringer Wassereindringtiefe und hochwertigen Sichtbetonoberflächen gefertigt.“ Wolfgang Rieger ergänzt: „In der Tat war die Fertigteillösung auch eine logistische Herausforderung. Schließlich mussten 200 Bauteile auf den schmalen Damm geliefert und platziert werden. Dank der guten Unterstützung durch den Hersteller – auch schon in der Planungsphase – und einer perfekt abgestimmten Just-In-Time-Anlieferung verlief die Montage nach Plan. Letztendlich war die Fertigteilbauweise deutlich schneller als eine Lösung mit Ortbeton.“
Fazit
Am 27. Oktober 2023 wurde die Staatsstraße nach gut einjähriger Bauzeit wieder für den Verkehr freigegeben. Bereits während der Bauphase, am 29. August 2023, führte das Moor wieder reichlich Wasser und die Durchlässe wurden bereits einen Meter hoch durchströmt – ein erfolgreicher Testlauf für die gesamte Anlage.
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