Massive Betonscheibe: Mera gestaltet Bodendenkmal als Erweiterung des Internationalen Mahnmals in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme
In der KZ-Gedenkstätte Neuengamme wurde im Mai 2025 ein neues Bodendenkmal präsentiert. Das Ländergedenkzeichen zeigt die Herkunftsländer der Neuengamme-Opfer und wurde vom Hamburger Landschaftsarchitekturbüro Mera in Kooperation mit 2erpack Identity entworfen. Die Umsetzung übernahm Gödde-Beton aus Wadersloh in Nordrhein-Westfalen.
Seit 1965 erinnert das Internationale Mahnmal in Neuengamme an die Opfer des Konzentrationslagers. Das neue Ländergedenkzeichen ergänzt den bestehenden Gedenkort und trägt den historischen sowie politischen Veränderungen nach 1989/90 Rechnung. Insbesondere Nachfolgestaaten der UdSSR und des Warschauer Pakts sahen sich durch die historische Bezeichnung „UdSSR“ nicht mehr angemessen repräsentiert und wünschten eine eigene, individuelle Würdigung.
Die nun realisierte Erweiterung des Mahnmals greift diesen Wunsch auf. Die massive Betonscheibe (4,3 t, Durchmesser 3 m, 25 cm Stärke) zeigt die Namen von 70 heutigen Staaten, aus denen Menschen stammten, die Opfer des KZ Neuengamme wurden. Die Ländernamen sind in der jeweiligen Landessprache und Schrift dargestellt, spiralförmig und wertungsfrei in alphabetischer Reihenfolge von außen nach innen angeordnet.
Gefertigt wurde die Scheibe im März 2025 bei Gödde-Beton, Mitte April nach Hamburg transportiert und am 16. April 2025 auf dem Gelände der Gedenkstätte installiert.
Ringen um hierarchiefreie Umsetzung
Die Idee zur tatsächlich umgesetzten Gestaltung entstand aus einer sehr intensiven Auseinandersetzung mit der Frage, wie Erinnerung würdevoll, gleichberechtigt und international verständlich gestaltet werden kann. Johannes Hügle, Geschäftsführer der Mera GmbH, beschreibt den Prozess so: „Das Konzept der Denkmalerweiterung ist das Ergebnis eines intensiven Austauschs mit den internationalen Verbänden ehemaliger Häftlinge und ihrer Angehörigen, mit Historiker*innen aus verschiedenen Ländern und eines öffentlichen Workshops, der Raum für intensive Diskussionen bot. Es ging darum, keine Nation zu bevorzugen oder zu benachteiligen. Die schlussendlich realisierte Lösung – eine spiralförmige, alphabetische Anordnung aller Ländernamen in den jeweiligen Landessprachen – entstand im intensiven fachlichen Austausch und im privaten Raum – genau dort, wo Erinnerung und Gedenken nachhaltig wirken. Die Idee bringt die Gleichwertigkeit aller Nationen zum Ausdruck und überwindet jede Hierarchisierung.“
Technisch anspruchsvolle Fertigung
Für die präzise Umsetzung der gestalterisch und technisch anspruchsvollen Betonscheibe zeichnete die Firma Gödde-Beton GmbH aus Wadersloh in Nordrhein-Westfalen verantwortlich. Besonderes Augenmerk lag auf der präzisen Umsetzung der Inschriften: Spiegelverkehrt gefräste Intarsien wurden in eine eigens angefertigte Schalung eingelegt. Anschließend erfolgte der Guss des Solitärwerkstücks aus hellgrauem Sichtbeton. Die Scheibe akklimatisierte und härtete unter kontrollierten Bedingungen aus, bevor schließlich die Oberfläche finalisiert wurde. Ein Feinschliff arbeitete die feinkörnige Struktur des Betons heraus und betont den Kontrast des Schriftreliefs.
Dietrich Buddeberg, Projektleiter bei Gödde-Beton, berichtet von einer Szene aus der Fertigung, die das Anliegen des Projekts eindrucksvoll unterstreicht: Bereits während des Setzens der spiegelbildlichen Lettern und Schriftzeichen sei das entstehende Bodendenkmal auf großes Interesse unter der Belegschaft gestoßen. So hätten sich immer wieder Mitarbeitende mit und ohne internationalen Hintergrund am Werkstück eingefunden und versucht, ihre Herkunftsländer zu finden bzw. die fremden Schreibweisen und Schriftzeichen zu dechiffrieren. Und genau das ist gewollt: Die Betrachter*innen sollen den Gedenkort erleben, eine persönliche Verbindung zum Mahnmal entstehen - ein lebendiges Zeichen gegen das Vergessen.
Aufwändige Logistik, gesicherte Anlieferung
Die Anlieferung des über vier Tonnen schweren Betonbauteils erforderte vorbereitende Maßnahmen bereits im Produktionsprozess: Im Guss wurden spezielle Aufhängungsnischen integriert, um den späteren Transport zu sichern.
Für das letzte Wegstück zur Gedenkstätte, für das sich der Garten- und Landschaftsbaubetrieb Joachim Ehmcke & Söhne aus Börnsen verantwortlich zeichnete, mussten die Wege mit Stahl- und Gummiplatten ausgelegt werden, da die Scheibe freihängend am Baggerarm transportiert wurde. Die Platzierung auf dem vorbereiteten Fundament am Internationalen Mahnmal erfolgte millimetergenau.
CONTACT
Mera GmbH
Friesenweg 20
22763 Hamburg/Germany
+ 49 40 85 18 753 0
Gödde-Beton GmbH
Waldliesborner Straße 46
59329 Wadersloh/Germany
+ 49 25 23 99 36 0