Würde in Rot – das Justizzentrum Bochum

Auf einer innerstädtischen Brache unweit des Hauptbahnhofs entstand das neue Bochumer Justizzentrum. Geprägt wird der Bau von einem rostroten Saaltrakt mit dem Haupteingang. Darauf folgt ein beigefarbener Verwaltungskomplex mit 750 Büros. Bei beiden Bauten finden sich Betonfertigteile an der Fassade.

Anders als man denken mag, war das zentrumsnahe Gelände am Bochumer Ostring zwischen dem früheren, gründerzeitlichen Gymnasialbau, einer Brauerei und dem ehemaligen Güterbahnhof seit Ende des Zweiten Weltkriegs eine Art Brache. Anfang des neuen Jahrtausends war der Sanierungsbedarf am „Gymnasium am Ostring“ immens, weshalb die Stadt einen Neubau an einem neuen Standort beschloss.

Das bestehende Bochumer Amts- und Landgericht residierte bis dato in einem schadstoffbelasteten Gebäude aus den 1970er Jahren, das Arbeitsgericht hingegen an einem anderen Standort. Die Stadt erkannte in der Zusammenführung der drei Kammern am Ostring die Chance, ein zentrumsnahes Gerichtsviertel zu entwickeln.

Aus dem 2008 durchgeführten Wettbewerb ging das Berliner Büro Hascher Jehle Architektur als Sieger hervor. Das Konzept fußte auf dem Erhalt der gründerzeitlichen Fassade des Schulgebäudes – nicht zuletzt, da sie es als identitätsstiftend für die jüngere Stadtgeschichte erachteten. Hatten doch Generationen von Bochumern (u. a. Herbert Grönemeyer) dort ihr Abitur gemacht. Der Bau, dessen Erdgeschoss heute die Kantine aufnimmt, wurde gestaltgebend in das neue Ensemble integriert. Eine bauliche Relevanz behielt der Altbau dennoch: Sein Erdgeschoss wurde als durchgehende Fußbodenhöhe für alle Gebäudeflügel festgelegt, seine historistischen Gesimse als Vorbild für die umlaufenden Friese der Neubauflügel übernommen.

Ein Gericht, keine Kindertagesstätte

Der Saaltrakt des Justizzentrums ist ein geschlossenes, rostrotes Volumen, das an den alten Schulbau durch einen zweigeschossigen Verbindungsbau angeschlossen ist. In diesem Kernbau befindet sich auch der einzige reguläre Zugang zu dem gesamten Ensemble. Jeder – ob Besucher oder Mitarbeiter – muss sich beim Betreten einer Sicherheitskontrolle wie auf einem Flughafen unterziehen. Hinter der Kontrollstelle ist ein Niveauunterschied von 1,80 m zu überwinden, um das durchgehende Erdgeschossniveau zu erreichen. Man befindet sich jetzt in einem gebäudehohen Atrium, das mit Eichenholz verkleidet ist. „Mit unserem Entwurf wollten wir suggerieren, dass das hier ein Gericht ist und keine Kindertagesstätte!“, erklärt Friedrich Dröge, projektleitender Architekt beim Berliner Büro Hascher Jehle Architektur, die modern-repräsentative Formensprache der Fassade. Die scheinbar irreguläre Abfolge aus schmalen vertikalen Fensterschlitzen, großen Glasscreens und geschlossenen Wandflächen, die aus rostrot durchgefärbten Sichtbetonelementen erstellt wurden, erklärt er so: „In einem Gericht wird Recht gesprochen. Als Angeklagter betreten Sie es mit einem individuellen Fall. Von einer durchgerasterten Fassade haben wir bewusst abgesehen, weil wir den Einzelfall betonen und den Beschuldigten nicht das Gefühl geben wollten, dass sie hier nach einem Standardverfahren beurteilt werden und hinterher normiert das Gebäude wieder verlassen!“

Bei den durchlaufenden Friesen des roten Saaltraktes stellt der Architekt Dröge eine Nähe zu aktiv genutzten Buchregalreihen her, auf denen eben nicht nur Ordner an Ordner stehen. Die einseitig vorstehenden Laibungen der schmalen Fensterschlitze dienen ...

Den vollständigen Text lesen Sie im Jahrbuch Beton Bauteile 2018 (s. u.).

Der Text ist eine Vorschau auf das Jahrbuch Beton Bauteile 2018 (ISBN 978-3-7625-3679-6), das ab 01. Dezember 2017 unter www.profil-buchhandlung.de und im örtlichen Buchhandel erhältlich ist.


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