Russischer Betonspezialist investiert
1,7 Mrd. Rubel in neues Werk
Ein komplettes Werk für Betonfertigteilelemente mit einer Jahreskapazität von 70.000 m² Wohnfläche in weniger als zwei Jahren zu errichten, das war die Vision von Armaton und gleichzeitig die Herausforderung für die Spezialisten von Weckenmann Anlagentechnik.
Bereits 2009 investierte die Baufirma Pervy Stroyfond aus Novosibirsk in eine eigene Ziegelsteinfertigung eines Lieferanten aus Deutschland und lernte die Qualität des deutschen Maschinenbaus kennen und schätzen. Aus diesem Grund wandte man sich auch beim nächsten Schritt, dem Bau einer Betonfertigteilanlage, an die Handelsfirma Anton Ohlert aus Moskau, die Vertretung von Weckenmann Anlagentechnik GmbH & Co KG in Russland und der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS). Bislang hatte man die Fertigteile von verschiedenen Zulieferern der näheren und auch weiteren Umgebung bezogen. Der Umfang der Bauprojekte machte jedoch eine eigene Fertigung überlegenswert.
Das Topmanagement von Armaton besichtigte 2012 das Werk eines Referenzkunden von Weckenmann in St. Petersburg und noch vor Jahresende den Firmensitz von Weckenmann in Dormettingen in Deutschland. 2013 war man sich einig: Auf der grünen Wiese soll ein Betonfertigteilwerk nach neuester Technologie entstehen. Die Entwicklung eines modernen Bausystems, Einholung der erforderlichen Genehmigungen für Errichtung und Betrieb eines Werkes sowie Erschließung des Geländes mündeten im Baubeginn im Mai 2014.
Gesamtprojekt mit Volumen von 1,7 Mrd. Rubeln
Um dieses anspruchsvolle Projekt in dem vorgegebenen Rahmen zu verwirklichen, wählte Armaton die Weckenmann Anlagentechnik GmbH & Co. KG als Generalunternehmer (GU) aus. Der deutsche Anlagenbauer hatte in den letzten Jahren mehrere GU-Projekte in ähnlicher Größe und Komplexität unter anderem in Russland realisiert. Unter der Projektleitung von Weckenmann lieferte das eingespielte Team von EVG (Bewehrungsanlagen), Nordimpianti (Hohlkörperdeckenanlagen), Teka (Mischanlage) und Weckenmann (Gesamtleitung, Umlaufanlage und stationäre Fertigung) eine auf die Kundenbedürfnisse maßgeschneiderte Lösung, die am 13. März 2015 bei der Eröffnungsfeier in Anwesenheit des Russischen Bauministers Michail Men, des Gouverneurs Vladimir Gorodezkiy, des Novosibirsker Bürgermeisters Anatoliy Lokot, des persönlichen Referenten des russischen Präsidenten in Sibirien, Nikolay Rogozhkin, und der Senatorin Nadezhda Boltenko die Fertigung aufnahm.
„Wir konnten bei diesem Projekt auf unsere langjährige Erfahrung bei GU-Projekten in Russland/GUS zurückgreifen, und das bewährte Team der Zulieferer in Zusammenarbeit mit der Armaton-Projektleitung unter Alexander Kolesnikov meisterte auch diese Herausforderung“, sagte der Gesamt-Projektleiter von Weckenmann, Wadim Grünwald. Es galt, frühzeitig die einzelnen Komponenten hinsichtlich Schnittstellen und Anforderungen an das Gebäudelayout und die Medienversorgung abzustimmen.
Flexible Umlaufanlage als Kernstück der Fertigung
Kernstück der Fertigung ist die flexible Umlaufanlage mit 42 Paletten. Auf ihr können sowohl Massivwände als auch Sandwichwände gefertigt werden. Für spezielle Bauobjekte können zusätzlich massive Deckenelemente produziert werden.
Das Bausystem wurde nach Vorstellung von Armaton durch das bekannte Konstruktionsbüro Jakushchev in Moskau entwickelt. Basierend auf den Elementzeichnungen tüftelte die Weckenmann-Schalungsabteilung ein abgestimmtes und in Ausführung optimiertes Schalungssystem aus. Es galt, mit einem Minimum an Schalungsprofilen ein Maximum an Elementen abzubilden. Gleichzeitig sollten sich so viele Schalungssysteme wie möglich im Umlauf und so wenige wie möglich im Schalungslager befinden. Die Lösung bildete das Schalungssystem der M-Serie von Weckenmann mit integrierten schaltbaren Magneten. Die M-Serie eignet sich bestens für die Massivteileherstellung (Decken, Wände, Fassaden) mit kundenindividuellen Fasen und Profilierungen. Durch Verwendung von M-Top-Zusatzprofilen kann die M-Serie auch für Sandwichelemente verwendet werden. Das flexible Schalungssystem kann jederzeit auch für ein anderes Bausystem verwendet werden.
Armaton projektiert Haustypen mit 14, 17 und 25 Etagen. Die Wandelemente dafür kommen von der Umlaufanlage; Sonderelemente werden auf den ebenfalls gelieferten Kipptischen gefertigt. Im Bereich der stationären Fertigung befinden sich weiterhin Ventilationsschachtschalungen, Treppenschalungen und Rammpfahlschalungen.
Dirigent der Umlaufanlage ist der Weckenmann WAvision-Leitrechner. Der Leitrechner koordiniert mit den Daten aus der Arbeitsvorbereitung den Produktionsfluss, gibt die benötigten Schalungsprofile vor und überwacht den Fertigungsprozess. Eine Produktverfolgung bis zum Freigeländelager rundet das Konzept ab. Mit WAvision hat Weckenmann ein Steuerungstool entwickelt, das sämtliche im Unternehmen vorhandene Daten nutzt und Verwaltung, Produktion und Reporting in einem System vereinheitlicht.
EVG-Bewehrungsanlagen
Ein so großes Fertigungsvolumen und die damit verbundene Vielfältigkeit der Bauelemente erforderte eine eigene Fertigung der Bewehrungselemente. Die Herstellung von Bewehrungsmatten mit unterschiedlichen Drahtdurchmessern und Geometrien war bis dato eine aufwendige Angelegenheit. Langwierige Umbauten sowie intensive Einstellphasen mussten bewerkstelligt werden, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Dieser zeitintensive Prozess bedingte hohe Kosten sowie eine deutlich geringere Ausstoßleistung, sodass eine Investition in eine voll-automatische Anlage des Herstellers EVG aus Österreich folgerichtig war. Die Experten aus Raaba bei Graz wählten die hochflexible Gitterschweißanlage FBE/158 für die Produktion von Bewehrungselementen aus.
Die FBE-Schweißmaschine selbst besteht aus einem seitlich verfahrbaren Schweißportal, das individuell ansteuerbare Schweißeinheiten im Raster von 100 mm trägt. Die Einzelpunktschweißeinheiten können dabei spezifisch aktiviert beziehungsweise deaktiviert werden.
Dazu kombiniert die FBE eine Richtanlage der Type RA-XE die Längs- und Querstäbe produziert. Der automatische Drahtdurchmesserwechsel erlaubt flexibel einsetzbare Drahtdurchmesser von 5 bis 12 mm, ohne Umstellzeiten. Durch diese Kombination können sowohl Tür- und Fensteraussparungen als auch unterschiedliche Drahtdurchmesser sowie Geometrien in einer Matte realisiert werden ohne einen manuellen Eingriff zu tätigen.
Zusätzlich lieferte EVG auch einen Bügelbiegeautomaten des Typs Polybend PBC 2-12 mit integriertem 3D-Biegemechanismus für die Herstellung von Bügeln und Bewehrungsstäben. Dieser ermöglicht die Verarbeitung von kalt- als auch warmgewalztem, wild gehaspeltem beziehungsweise gespultem Material ab Ring mit einem Durchmesser von 6 bis 12 mm. An vertikalen Arbeitsstationen werden aus den einzelnen Elementen die benötigten Bewehrungskörbe hergestellt.
Teka-Mischanlage
Die Mischanlage lieferte Teka: Ausgewählt wurde eine Verwiege- und Mischanlage mit zwei Planetenmischern TPZ 3.000 zur Herstellung von Werksbeton für Fertigteilelemente mit Betonabgabe in zwei Kübelbahnanlagen- und zur Herstellung von Transportbeton mit Betonabgabe in die Fahrmischer. Die Mischanlage erlaubt eine Produktion von rund 80 m³/h Werksbeton bei gleichzeitigem Einsatz der beiden Planetenmischer. Ebenso kann ein Mischer zur Herstellung von Transportbeton mit einem Volumen von etwa 40 m³/h verwendet werden. Die Lagerung der Zuschläge erfolgt in einer Rundsiloanlage mit einer Lagerkapazität von etwa 408 m³.
Die Beschickung der Mischanlage erfolgt über einen Aufgabebunker mit Greiferkrananlage; auch die Beschickung mit einem Aufgabebunker für Lkw ist vorgesehen. Mikrowellensensoren zur Messung der Sandfeuchte in den Silos, Feuchtigkeits- und Temperaturmessung im Mischer, Schutzeinrichtungen für Spannungsschwankungen im Steuersystem, Konsistenzmessung für Transportbeton und Fernwartung via Internet sorgen für einen reibungslosen Betriebsablauf der Anlage.
Ein Notfallrechner sowie die Möglichkeit die Anlage auch im Handbetrieb weiter zu bedienen, gewährleisten zusätzliche Betriebssicherheit. Die beiden Laufwagen der Weckenmann-Kübelbahn haben ein Fassungsvermögen von jeweils 2 m² und versorgen Umlaufanlage und Hohlkörperdeckenanlage mit unterschiedlichen Betonqualitäten.
Insgesamt werden im neuen Werk bis zu 420.000 m³ Beton pro Jahr verarbeitet. Eine Recyclinganlage garantiert die Umweltverträglichkeit der Betonmischanlage. Sämtlicher Betonschlamm aus den Mischern, den Transportkübeln der Kübelbahnanlage sowie der Reinigung der Fahrmischer wird mit einem Sammelbecken der Recyclinganlage zugeführt. Wasser mit Zement wird von Zuschlägen in einem Auffangbecken getrennt. Ablagerungen, wie Sand und Schotter, werden separiert und mit einem Spiralförderer auf Halde verbracht. Die Trocken-Flüssig Farbdosieranlage dient zu Herstellung von Farbbeton (Sichtbeton). Die jeweiligen Rezepturen sind in der Steuerung hinterlegt. Das Recyclingwasser kann sowohl der Mischanlage zur Wiederverwendung zugeführt oder zur Reinigung der Fahrmischer verwendet werden.
Hohlkörperdecken-Anlage
Das Unternehmen Nordimpianti lieferte die Hohlkörperdecken-Anlage für Elemente mit einer Höhe von bis zu 220 mm und einer Breite von bis zu 1.200 mm.
Die komplett automatisierte Fertigung besteht aus sechs Bahnen, je 120 m lang, ausgestattet mit Eindrahtspannpressen mit Entspannsystem, Halbportal Betonverteiler, Winkel-Säge, um die Betonelemente auf verschiedene Schrägen zwischen 0o und 180o zu sägen, Multifunktions-Bahnen/-Bett-Reiniger, Abhebegerät zur Nutzung im Werk und auf der Baustelle sowie Transport-System für die Lagerung der fertigen Produkte. Die Fertigungskapazität wurde von den Projektingenieuren auf 850 m² Hohlkörperdecken in einer Schicht kalkuliert. Durch den hohen Automatisierungsgrad der Produktionslinie auf Basis von Extruder-Technologie ist dies mit nur fünf Mitarbeitern pro Schicht möglich. Das Werk produziert nun Hohlkörperdecken mit Spannweiten von bis zu 9 m und Tragfähigkeiten von bis zu 800 kg/m².
Die Herstellung dieser leichten Hohlkörperdecken bietet für Hersteller und Kunden Vorteile, wie eine höhere Nutzlast bei geringerem Eigengewicht. Das System der Hohlkörperdecke ermöglicht einen geringeren Betonverbrauch bei gleichzeitig reduziertem Wärmebedarf in der Herstellung.
300.000 m² Wohnfläche pro Jahr
Nach Inbetriebnahme der einzelnen Bereiche erfolgt die detaillierte Einarbeitung der Bediener und des Wartungspersonals. Auch dabei kann der Kunde auf die Erfahrung der qualifizierten Lieferanten bauen. „Eine zügige Übergabe der GU-Projekte und somit eine schnelle Marktpositionierung sind entscheidende Pluspunkte, die wesentlichen Einfluss auf den langfristigen Unternehmenserfolg unserer Kunden haben“, so Karl-Wilhelm Bögl, Leiter der Projektabteilung bei Weckenmann. In der Endausbaustufe wird das Werk eine Produktionsleistung von 300.000 m² Wohnfläche pro Jahr haben.
Bei Weckenmann steht bereits das nächste Projekt in ähnlicher Größenordnung zur Auslieferung bereit.
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Weckenmann Anlagentechnik
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