Chancen und Grenzen des
Betonrecyclings

Für die Betonherstellung könnten zukünftig zunehmend rezyklierte Gesteinskörnungen eingesetzt werden (siehe
BFT International 04/2013, S. 78 ff.). In Teil 2 des Artikels geht es um die Dauerhaftigkeit und um die Modellierung von Rezyklatbeton.

Im Unterschied zu Beton aus natürlichen Gesteinskörnungen enthält Rezyklatbeton zwei Arten von Zementstein: Den „neuen“, die Festigkeit bewirkenden Zementstein und den „alten“ Zementstein, dessen Parameter wie Zusammensetzung, Wasserzementwert und Carbonatisierungszustand nicht bekannt sind. Hinzu kommt die „alte“ Gesteinskörnung, deren Herkunft und Eigenschaften in der Regel ebenfalls nicht bekannt sind. Aus den Komponenten der rezyklierten Gesteinskörnungen können ebenso wie aus dem neuen Zementstein und den neuen Gesteinskörnungen Reaktionspartner für Schadreaktionen herrühren. Zusätzlich verursachen die Rezyklate eine Erhöhung der Porosität, was den Transport von Feuchtigkeit als dem für alle Reaktionen notwendigen Reaktionspartner erleichtert.

Insgesamt gibt es bei Rezyklatbetonen deutlich mehr Faktoren, die auf die Dauerhaftigkeit wirken können, als bei Betonen aus natürlichen Gesteinskörnungen. Damit muss nicht zwangsläufig eine Verschlechterung der Dauerhaftigkeit verbunden sein. Die zielsichere Herstellung eines dauerhaften Betons wird dadurch aber schwieriger. Ausgehend von dem Leitgedanken, dass bei der Herstellung und Nutzung von Betonen aus rezyklierten Gesteinskörnungen keine Unterschiede zu herkömmlichen Betonen auftreten sollen, ist der Einsatz von Rezyklaten in Deutschland auf bestimmte Festigkeits-, Expositions- und Feuchtigkeitsklassen beschränkt. Die DAfStb-Richtlinie [48] regelt den Einsatz von Rezyklaten, deren Qualität der Norm DIN 4226-100 [46] beziehungsweise ihrer Nachfolgenorm [47] entsprechen. Danach dürfen aus groben rezyklierten Gesteinskörnungen vom Typ 1 – Betonsplitt – und von Typ 2 – Bauwerkssplitt – Betone bis zur Festigkeitsklasse C 30/37 hergestellt werden.

Dauerhaftigkeit und Carbonatisierung

RC-Sande, in denen in der Regel der Zementstein und andere leichter zerkleinerbare Bestandteile mit geringeren Rohdichten und Festigkeiten angereichert sind, sind von der Verwertung zur Betonherstellung ausgeschlossen. Der erlaubte Anteil der groben Rezyklate an der Gesteinskörnung wird mit zunehmender Beanspruchung während der Nutzung reduziert. Die höchsten Anteile von 45 Vol.-% für Typ 1 beziehungsweise 35 Vol.-% für Typ 2 dürfen demzufolge bei den Bedingungen WO/XC1 verwendet werden, wie sie bei Bauteilen in Innenräumen auftreten. Die geringeren Anteile von 35 beziehungsweise 25 Vol.-% gelten für Betone, die während der Nutzung häufig oder längere Zeit feucht sind und Frostbeanspruchungen oder schwachen chemischen Beanspruchungen ausgesetzt sind, sowie für Betone mit hohem Wassereindringwiderstand.

Mit dieser pragmatischen Lösung wird unter anderem der Tatsache Rechnung getragen, dass zur Dauerhaftigkeit von Rezyklatbetonen bisher nur wenige, schlüssige Ergebnisse vorliegen. Beispielsweise sind in Bezug auf die Carbonatisierung die in der Literatur genannten Ergebnisse sehr unterschiedlich. Es werden sowohl keine Veränderungen als auch höhere Carbonatisierungstiefen gemessen. Im Folgenden sind dafür zwei Beispiele aus der Literatur [49][43] dargestellt:

In Abbildung 12 ist die Carbonatisierungstiefe von Rezyklatbetonen, die grobe und zum Teil auch feine rezyklierte Gesteinskörnungen enthielten, im Vergleich zu Beton aus natürlichen Gesteinskörnungen dargestellt. Die Rezyklate wurden aus drei Monate alten Betonen verschiedener Festigkeitsklassen hergestellt.

In Abbildung 13 ist die Carbonatisierungstiefe von Rezyklatbetonen dargestellt, die rezyklierte Gesteinskörnungen enthielten, die aus dem Abbruch einer alten Schleuse stammten.

Der aus den definierten, jungen Rezyklaten hergestellte Rezyklatbeton zeigt gegenüber dem Referenzbeton keine veränderte Carbonatisierungstiefe. Dagegen sind die Carbonatisierungstiefen des Rezyklatbetons aus dem Abbruchmaterial der Schleusen gegenüber dem Referenzbeton deutlich erhöht.

Bei einer möglichen Erklärung der Unterschiede kann von den Einflussgrößen auf die Carbonatisierungstiefe ausgegangen werden. Vereinfachend betrachtet, wird das Carbonatisierungsverhalten von Rezyklatbetonen von zwei, in entgegengesetzte Richtungen wirkenden Faktoren beeinflusst: Der Eintrag zusätzlicher carbonatisierungsfähiger Bestandteile führt zu einer Verlangsamung, die zusätzliche, durch den alten Zementstein verursachte Kapillarporosität zu einer Beschleunigung der Carbonatisierung. Mit dieser Hypothese können die gegensätzlichen Ergebnisse erklärt werden. Daraus folgt, dass die bisher für die Charakterisierung von Rezyklaten verwendeten Parameter in Bezug auf die Carbonatisierung nicht ausreichen, weil keine Aussagen zum Zementsteingehalt und dessen Phasenzusammensetzung gemacht werden. Für diese zusätzlich benötigten Aussagen müssten geeignete, einfach bestimmbare Ersatzkenngrößen gefunden werden.

Frostbeständigkeit

Zum Frostwiderstand wird in der Fachliteratur übereinstimmend die Meinung vertreten, dass rezyklierte Gesteinskörnungen in der Regel einen geringeren Widerstand gegen Frostbeanspruchungen aufweisen als natürliche Gesteinskörnungen, die daraus hergestellten Betone aber trotzdem frostbeständig sind.

Als Ursachen für den geringen Frostwiderstand der rezyklierten Gesteinskörnungen werden die höhere Wasseraufnahme und die geringere Kornfestigkeit der Rezyklatkörner genannt. Dadurch können die Körner dem bei den Frostprüfungen auftretenden Eisdruck nicht standhalten. Erhöhte Werte für die Absplitterungen sind die Folge.

Die Frostbeständigkeit von Rezyklatbetonen ist in der Regel gegeben. Eine Reihe der zur Frostbeständigkeit durchgeführten experimentellen Untersuchungen führte zu dem Ergebnis, dass die Frostwiderstände der Rezyklatbetone deutlich höher als die der Vergleichsbetone aus natürlichen Gesteinskörnungen waren. Einschränkungen ergaben sich, wenn grobe und feine Gesteinskörnungen durch Rezyklate ersetzt wurden. Bei der Verwendung von rezyklierten Sanden traten zum Teil deutliche Verschlechterungen auf. Um einen Beton aus rezyklierten Gesteinskörnungen herzustellen, der einem Beton mit natürlichen Gesteinskörnungen beim Frostwiderstand gleichwertig ist, wird deshalb der Austausch von RC-Sand gegen natürlichen Sand empfohlen.

Höhere Ziegelanteile führen zu einer weiteren Verbesserung, weil sie ähnlich wie Luftporenbildner die Porenbildung fördern und so Hohlräume schaffen, in die sich das Wasser beim Gefrieren ausdehnen kann.

Alkali-Kieselsäure-Reaktion

Zum Reaktionspotenzial von Rezyklaten bei der Alkali-Kieselsäure-Reaktion (AKR) ist bisher wenig veröffentlicht worden. Die Frage, ob rezyklierte Gesteinskörungen aus Betonen, die AKR-reaktive Gesteinskörnungen enthielten, noch reaktive Potenziale aufweisen, die zu Schäden des Rezyklatbetons führen können, ist nicht eindeutig zu beantworten. So zeigt das Beispiel von [50] in Abbildung 14 die an Betonprismen 40 x 40 x 285 mm gemessenen Dehnungen des Ausgangsbetons, der unter Verwendung alkalireaktiver Gesteinskörnungen hergestellt wurde. Ebenfalls dargestellt sind die Dehnungen des Rezyklatbetons, der den aufbereiteten Ausgangsbeton als rezyklierte Gesteinskörnung enthielt. Der Ausgangsbeton war zum Zeitpunkt der Aufbereitung und Wiederverwertung zwölf Jahre alt. Es bestehen praktisch keine Unterschiede. Das reaktive Potenzial der hier verwendeten Gesteinskörnungen führt auch in den Betonen der zweiten Generation noch zu erheblichen Dehnungen. Werden die Prismen aus feinen, rezyklierten Gesteinskörnungen hergestellt, sind die gemessenen Dehnungen geringer. Sie liegen aber immer noch über dem zulässigen Grenzwert.

Im zweiten Beispiel nach [51] zeigt der aus altem, stark geschädigtem Fahrbahndeckenbeton hergestellte Rezyklatbeton kaum noch Dehnungen. Das Reaktionspotenzial scheint also aufgebraucht. Ein anderer Rezyklatbeton, der unter Verwendung von Abbruchbeton hergestellt wurde, dessen Vorgeschichte nicht bekannt war, weist höhere Dehnungen auf.

Auch wenn keine eindeutige Aussage getroffen werden kann, sollten durch AKR geschädigte Betone als Vorbeugemaßnahme vom Recycling ausgeschlossen werden. Allerdings kann unter Praxisbedingungen kaum erkannt werden, ob das hergestellte Rezyklat alkaliempfindliche Gesteinskörnungen enthält, wenn die Herkunft nicht mehr genau geklärt werden kann. Deshalb fordert die in Deutschland gültige Alkalirichtlinie Untersuchungen der Rezyklate auf alkaliempfindliche Bestandteile, die aus der primären Gesteinskörnung stammen können, und des Alkaligehalts.

Sulfat-Angriff

Um einen treibenden Angriff durch Sulfate auszuschließen, sind der Sulfatgehalt und der Gehalt an Gipspartikeln in rezyklierten Gesteinskörnungen strikt begrenzt. Trotzdem kann das Vorhandensein von Gipspartikeln nicht vollständig ausgeschlossen werden, weil die untersuchten Probemengen in der Regel nicht groß genug sind, um die Einhaltung der vorgegebenen, niedrigen Grenzwerte mit ausreichender statistischer Sicherheit zu gewährleisten.

Im Stadium des Frischbetons kann der Gips zu Störungen des Erstarrens führen. Im erhärteten Zustand des Rezyklatbetons kann der Gips mit den Hydratationsprodukten des neuen, aber auch des alten Zementsteins reagieren. So kann es beispielsweise zu einer Umwandlung von Calciumaluminatmonosulfat in Trisulfat kommen, die mit einer Volumenvergrößerung von 2,3 verbunden ist. Möglich ist auch die Umwandlung von Calciumaluminathydrat zu Ettringit mit einer 4,8-fachen Volumenzunahme. Beides führt zu Betonschäden durch Treiberscheinungen.

4 Ansätze für eine Modellierung von Rezyklatbeton

Für Normalbeton kann vereinfacht davon ausgegangen werden, dass die Festigkeit von den Hauptkomponenten Gesteinskörnung und Zementstein sowie von der sich zwischen ihnen ausbildenden Phasengrenzfläche abhängt. Bei Beton, der rezyklierte Gesteinskörnungen enthält, ist die Anzahl der Einflussgrößen deutlich höher. Unterschieden werden kann zwischen den Einflüssen der Rezyklate aus den ursprünglichen Gesteinskörnungen und dem Altzementstein, der sie zu Agglomeraten verbindet beziehungsweise ihre Oberfläche bedeckt, sowie den Einflüssen der neuen Gesteinskörnung und dem die Erhärtung bewirkenden aktiven Zementstein. Die Anzahl der Phasengrenzflächen nimmt rechnerisch auf sechs zu, wenn die Ausbildung einer solchen zwischen allen Komponenten angenommen wird.

Einen ersten Beitrag, einen Rezyklatbeton als Mehrphasenmaterial zu modellieren, hat Jianzhuang Xiao mit einer FEM-Simulation der Chloriddiffusion vorgelegt [52]. Dabei wird Rezyklatbeton als Fünf-Phasen-Komposit betrachtet. Die alte und die neue Phasengrenzfläche stellen die „interphases“ dar. Der alte und der neue Mörtel sowie die ursprünglichen Gesteinskörnungen bilden die „continuous phases“. Die Ergebnisse der FEM-Simulation stimmen gut mit den Ergebnissen überein, die aus theoretischen Gleichungen für die Chloriddiffusion berechnet werden. Eine Gegenüberstellung mit Messwerten wird nicht vorgenommen.

Charakterisierung der Gesteinskörnung

Modellierungen von Rezyklatbeton in Bezug auf die mechanischen Eigenschaften wurden bisher überwiegend unter Nutzung statistischer Methoden durchgeführt [53][54][55]. Phänomenologische Modelle, die aus dem Zusammenwirken der verschiedenen Kompositbestandteile im Rezyklatbeton abgeleitet werden, sind nicht beschrieben. Um zunächst dieses Zusammenwirken zu verstehen, ist ein schrittweises Vorgehen erforderlich:

Zunächst müssen die rezyklierten Gesteinskörnungen eindeutig charakterisiert werden.

Im zweiten Schritt müssen Korrelationen zwischen den charakteristischen Merkmalen der rezyklierten Gesteinskörnungen und den mechanischen Eigenschaften der daraus hergestellten Betone gefunden werden.

Des Weiteren muss der Einfluss der neuen Gesteinskörnung und des aktiven Zementsteins, der die Erhärtung bewirkt, auf die Korrelationen berücksichtigt werden.

Zementsteingehalt und physikalische Eigenschaften

Die Charakterisierung von rezyklierten Gesteinskörnungen als erstem Baustein eines Modells beruht auf dem Umstand, dass diese aus der ursprünglichen Gesteinskörnung und dem Zementstein bestehen (s. Abb.  3), wenn sie durch eine traditionelle Aufbereitung aus Altbeton erzeugt wurden. Sie können unter Vernachlässigung der Phasengrenzfläche als Zweistoffsystem betrachtet werden, in dem natürliche Gesteinskörnungen einerseits und Zementstein andererseits die Endpunkte einer Mischungsreihe darstellen. Aus den physikalischen Parametern der Endpunkte kann vereinfachend ein Zustandsdiagramm für die relevanten Eigenschaften entwickelt werden, indem die Roh- und Reindichten entlang der Mischungsreihe aus den Werten für reine natürliche Gesteinskörnungen und reinen Zementstein nach der Gleichung 1 berechnet werden.

ρRC =          ρZS · ρGK

            αZS · ρGK · αGK · ρZS

In Abbildung 15 sind die berechneten Änderungen von Reindichte, Rohdichte und Gesamtporosität den entsprechenden Messwerten gegenübergestellt – ermittelt an technisch hergestellten Rezyklaten, an rezyklierten Gesteinskörnungen aus definierten Betonen und an Modellbetonen mit abgestuften Zementsteingehalten. Die Messwerte bestätigen in etwa den aus der Mischungsrechnung hervorgegangenen Verlauf.

Die Zementsteingehalte von RC-Baustoffen aus aufbereitetem Betonbruch bewegen sich zwischen rund 10 bis rund 40 Masse-%. Bereits daraus ergibt sich eine beträchtliche Spannweite der physikalischen Eigenschaften von 2,4 bis 2,1 g/cm³ für die Rohdichte und 0,6 bis 9,8 % für die Wasseraufnahme.

In der Literatur werden rezyklierte Gesteinskörnungen beschrieben als Komposite aus Mörtel, der den Zementstein und die feinen Gesteinskörnungen umfasst, und groben Gesteinskörnungen. Die Mörtelgehalte liegen nach den Messungen von Abbas [25] zwischen 21 und 43 Masse-%. De Juan [24] gibt Mörtelgehalte an zwischen 33 und 55 Masse-% für die Fraktion 4/8 mm sowie zwischen 23 und 44 Masse-% für die Fraktion 8/16 mm an. Nach der Definition sollten die Mörtelgehalte deutlich über den Zementsteingehalten liegen, wie es bei den Werten von de Juan der Fall ist. Von ihr wurde auch nachgewiesen, dass wichtige physikalische Eigenschaften von rezyklierten Gesteinskörnungen mit dem Mörtelgehalt korrelieren.

Mechanische Eigenschaften der Betone

Der zweite Baustein in Richtung Modellierung besteht darin, eine Korrelation zwischen den Merkmalen der rezyklierten Gesteinskörnungen und den mechanischen Eigenschaften der daraus hergestellten Betone zu ermitteln. Neben dem Gehalt an altem Zementstein stellen die Art der ursprünglichen Gesteinskörnung und die Festigkeit des Betons, aus dem die Rezyklate hergestellt wurden, Einflussgrößen dar.

Um zu ermitteln, wie die Festigkeit beziehungsweise der E-Modul des „Mutterbetons“ die entsprechenden Eigenschaften des Rezyklatbetons beeinflussen, wurden Ergebnisse von Ajdukiewicz [44] und de Pauw [58] ausgewertet. In Abbildung 16 ist im linken Diagramm der Einfluss der Festigkeit zusammengefasst. Der Wertebereich für die Festigkeit der Ausgangsbetone erstreckte sich von 20 bis 70 MPa. Die daraus erzeugten Recyclingbetone wiesen Festigkeiten von 30 bis 50 MPa auf. Übereinstimmend ergibt sich, dass die Festigkeit des Mutterbetons eher moderate Auswirkungen auf die Fes-tigkeiten des daraus hergestellten Rezyklatbetons hat. So kann Rezyklatbeton aus geringfestem Beton durchaus die Festigkeit des ursprünglichen Betons erreichen oder sogar überschreiten. Die Ursache kann darin liegen, dass durch die Zerkleinerung ein großer Anteil der Gesteinskörnungen aus ihrem schwachen, zementsteinarmen Verbund freigelegt wird. Wenn für die Herstellung des Rezyklatbetons – wie hier der Fall – nur die groben Rezyklate verwendet werden, ist der Eintrag von Altzementstein gering, von dem ein Festigkeitsrückgang ausgehen kann. Ist ein festerer Beton die Grundlage der Rezyklatherstellung, wird nach der Aufbereitung mehr Zementstein an der Gesteinskörnung verbleiben und in den Beton eingetragen. Ein Festigkeitsrückgang gegenüber dem Ausgangsbeton ist die Folge.

E-Modul

Bei den E-Moduli von Mutter- und Rezyklatbeton ergibt sich ebenfalls eine Einflussdämpfung, aber kein „Überholen“ des Ausgangsbetons durch den Rezyklatbeton. Allerdings waren hier nur wenige Messwerte verfügbar, was die Sicherheit der Aussage schmälert.

Um den Einfluss des Gehalts an altem Zementstein auf die Festigkeit und den E-Modul zu ermitteln, wurden Versuche auf drei Ebenen durchgeführt:

Zum einen wurden rezyklierte Gesteinskörnungen vereinfacht als Mischungen aus natürlichen Gesteinskörnungen und reinem Zementstein nachgebildet. Dieses Vorgehen stellt eine starke Abstraktion dar, weil beide Kompositbestandteile nicht verbunden sind.

Zum anderen wurden zwei grobe Betonrezyklate verwendet, deren Zementsteingehalte unterschiedlich hoch waren. Dadurch war der Zementsteineintrag bei gleichem Rezyklatanteil unterschiedlich.

Als dritte Variante wurde Brechsand als zementsteinhaltige feine Komponente verwendet und in unterschiedlichen Anteilen zugegeben.

Sowohl aus den abstrahierten als auch den tatsächlichen Rezyklaten wurden Betone mit abgestuften Gehalten an groben Gesteinskörnungen hergestellt.

Die Ergebnisse in Abbildung 17 zeigen, dass die Eigenschaften der Sekundärbetone aus den Rezyklaten mit den unterschiedlichen Zementsteingehalten relativ nah beieinanderliegen. Damit scheint der Zementsteingehalt tatsächlich eine Haupteinflussgröße zu sein. Die Betone, die reinen Zementstein enthielten beziehungsweise die Betone, die unter Verwendung von feinen rezyklierten Gesteinskörnungen hergestellt wurden, weichen deutlich ab. Für diese Unterschiede könnten Grenzflächenphänomene verantwortlich sein. Im Fall des Betons, der reinen Zementstein enthielt, fehlt die Grenzfläche zwischen ursprünglicher Gesteinskörnung und altem Zementstein. Im Fall des Betons aus den feinen rezyklierten Gesteinskörnungen ist die Grenzfläche zwischen den Rezyklaten und dem neuen Zementstein besonders hoch.

Neue Gesteinskörnung und aktiver Zementstein

Im dritten Schritt der phänomenologischen Modellierung sind die Einflüsse aus der Sekundärbetonherstellung als Baustein zu integrieren. Hier können Zusammenhänge wie das bekannte Wasserzementwert-Gesetz genutzt werden.

Mit den vorgeschlagenen Bausteinen und ihrer Verknüpfung ist es gegebenenfalls möglich, die mechanischen Eigenschaften besser abzuschätzen. In Bezug auf die Dauerhaftigkeit sind die angestellten Überlegungen noch nicht ausreichend. So bezieht sich das Zustandsdiagramm in Abbildung 15 nur auf die wichtigsten physikalischen Eigenschaften. Zusätzlich dazu unterscheiden sich die Endpunkte der Mischungsreihe in ihrer chemischen und mineralogischen Zusammensetzung sowie in der Reaktivität. Anforderungsgerechte, natürliche Gesteinskörnungen bestehen überwiegend aus Quarz und Feldspäten oder aus Calcit. Sie sind inert. Zementstein als  Bestandteil von Rezyklaten enthält Portlandit, C-S-H-Phasen, Calciumsulfoaluminate, gegebenenfalls unhydratisierte Zementbestandteile und weitere Phasen. Diese Bestandteile können mit Wasser, CO2, Sulfat und so weiter reagieren. Die eindeutige chemische Zustandsbeschreibung ist für eine Einschätzung der Dauerhaftigkeit also unabdingbar.

5 Die Zukunft des Recyclings

Recycling als die Rückführung genutzter Produkte und Materialien in den Stoffkreislauf ist kein Phänomen unserer Zeit. Bei den meisten erhaltenen Bauwerken von der Antike bis zum Mittelalter kann der Rückgriff auf das Material älterer Bauwerke nachgewiesen werden. Erst nachdem die industrielle Revolution die Massenproduktion von Baustoffen ermöglichte, verlor das Baustoffrecycling seine Bedeutung.

Den Zeitpunkt des Beginns des „modernen“ Baustoffrecycling angeben zu wollen, ist sicher schwierig.  Eine Wende vollzieht sich – vom Abbruch zum Rückbau und von der Deponierung von Bauabfällen zur Verwertung. Bauwerke, die nicht mehr benötigt werden, oder solche, die nicht mehr den Ansprüchen der Nutzer oder den technischen Anforderungen genügen, werden zurückgebaut.

Zumindest der Abbruch und Rückbau und die Aufbereitung sind mittlerweile notwendiger und akzeptierter Bestandteil des Baugeschehens. Beim Einsatz von Recycling-Baustoffen gibt es dagegen immer noch Vorbehalte.

Kreislauf für grobe Fraktionen

Der Wiedereinsatz von aufbereitetem Betonbruch für die Betonherstellung ist bei Einhaltung der gültigen Vorschriften möglich. Auch wenn vorsorglich nur solche Einsatzgebiete bedient werden, die die Dauerhaftigkeit nicht kritisch beeinflussen, könnte die gesamte Menge an groben, rezyklierten Gesteinskörnungen aus Betonbruch zur erneuten Betonherstellung verwendet werden. Dem Aufkommen an rezyklierten Gesteinskörnungen von rund 20 Mio. t steht ein Verbrauch an natürlichen Gesteinskörnungen für die Betonherstellung gegenüber, der etwa zehnmal höher ist. Ein geschlossener Kreislauf für die groben Fraktionen von aufbereitetem Betonbruch wäre also realisierbar.

Die feinen Fraktionen, die bei der Aufbereitung von Betonbruch entstehen, sind bisher von diesem Kreislauf ausgeschlossen. Nach einer Mahlung auf Zementfeinheit wäre eine Verwertung als Zusatzstoff bei der Betonherstellung möglich. Nach eigenen Untersuchungen lassen sich dadurch Einsparungen von Zement und Eigenschaftsverbesserungen erreichen [62].

Die bisher getroffenen Aussagen gelten für sortenreinen Beton. Betonbruch aus dem Abbruch von Bauwerken enthält in der Regel Nebenbestandteile. Diese Bestandteile müssen vor dem Einsatz als rezyklierte Gesteinskörnung entfernt werden. In anderen Sektoren der Sekundärrohstoffwirtschaft wie dem Kunststoff- und Glasrecycling kommen sensorgestützte Sortierverfahren zum Einsatz, mit denen die Partikel eines Haufwerks erkannt und in Stoffgruppen getrennt werden können. Die Entwicklung solcher Verfahren auch für das Betonrecycling wäre ein notwendiger Schritt.

Ableitung von Qualitätskriterien vertiefen

Für das tiefere Verständnis von Betonen aus rezyklierten Zuschlägen muss beachtet werden, dass die Rezyklate Komposite aus Zementstein und natürlichen Gesteinskörnungen sind. Werden sie zur erneuten Betonherstellung eingesetzt, wird der Zementsteinanteil in den Sekundärbetonen erhöht. Bei den mechanischen Eigenschaften folgen daraus systematische Veränderungen und ein Anstieg der Schwankungsbreiten. Bei der Dauerhaftigkeit spielt der erhöhte Zementsteingehalt ebenfalls die entscheidende Rolle. Dadurch wird die Porosität erhöht. Wasser, das als Reaktionspartner benötigt wird für die meisten Reaktionen, die die Dauerhaftigkeit beeinträchtigen, kann leichter in den Beton eindringen.

Der chemische Zustand des Altzementsteins und der ursprünglichen Gesteinskörnungen werden ebenfalls wichtige Einflussgrößen darstellen. So kann bei sehr altem Beton oder sehr lange gelagerten Betonrezyklaten eine vollständige Carbonatisierung stattgefunden haben, sodass keine Hydratationsprodukte mehr vorhanden sind. Ebenso schwierig einzuschätzen ist das Reaktionspotenzial der ursprünglichen Gesteinskörnungen in der Alkali-Kieselsäure-Reaktion.

Da die Kenntnisse über die Charakteristika von Betonrezyklaten und den daraus hergestellten Betonen noch nicht ausreichend sind, muss die Ableitung von Qualitätskriterien fortgesetzt und vertieft werden. Statistische Betrachtungen sind noch wichtiger als bei Betonen aus natürlichen Gesteinskörnungen.

Die Zukunft des Recyclings hängt stark mit der Gegenwart der Baustoffentwicklung zusammen. Für den traditionellen Massenbaustoff Beton, der an sich gut rezyklierbar ist, kann diese gute Rezyklierbarkeit durch Weiterentwicklungen in Frage gestellt werden. Beispiele dafür sind das Zusammenfügen mit weiteren Komponenten zu Verbundelementen oder bestimmte Rezepturentwicklungen. Dann sind Lösungsansätze erforderlich, die nicht mehr auf den Werkstoffeigenschaften des Betons aufbauen, sondern sein Rohstoffpotenzial nutzen.

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