DW Systembau

Auswirkungen der neuen DIN 4109 „­Schallschutz im Hochbau“

Im letzten Quartal des ­Jahres 2016 löst die neue DIN 4109 „Schallschutz im Hochbau“ erwartungsgemäß die alte DIN 4109 aus dem Jahr 1989 ab. Mehr als zehn Jahre lang hat der Überarbeitungsprozess gedauert, an dessen Ende eine Norm steht, die sich bezüglich des Rechenverfahrens im Wesentlichen an die europäische Normenreihe DIN EN 12354 anlehnt. Mit der baurechtlichen Einführung der DIN 4109 werden die Schallschutznachweise komplexer und ohne entsprechende Softwareprogramme kaum noch zu erstellen sein. Dafür geben die Ergebnisse präziser Auskunft über den zu erwartenden Schallschutz, der sich im Übrigen im Geschosswohnungsbau mit der neuen Norm nur unwesentlich verschärft.

Konnte man bislang viele Werte aus Tabellen aus dem Beiblatt 1 zur DIN 4109 ablesen und interpolieren, so müssen künftig zahlreiche Parameter berücksichtigt werden, um neben dem Direktschallübertragungsweg über das Trennbauteil 12 weitere Schallübertragungswege über die Stoßstellen mit den vier flankierenden Bauteilen zu ermitteln (Abb. 1) und daraus letztlich die horizontalen und vertikalen Luftschallübertragungswege R‘w zu berechnen. Neu ist, dass neben den Massen der betrachteten Bauteile weitere relevante Parameter wie Kopplungslängen, flankierende Bauteilflächen oder Anschlussarten in die Berechnungen einfließen.

Trittschallübertragungs­werte L’n,w

Die Ermittlung der horizontalen und vertikalen Trittschallübertragungswerte im Massivbau ist weniger kompliziert. Neben dem Fußbodenaufbau aus schwimmendem Estrich, Trittschalldämmung und Wohnungstrenndecke sowie möglichen Unterdecken beeinflussen die Massen der flankierenden Wände und eventuelle Wandvorsatzschalen die Trittschallübertragungswerte L’n,w.

Im Geschosswohnungsbau wurden für die Wohnungstrenndecken die zulässigen Höchstwerte für die horizontalen und vertikalen Trittschallübertagungswerte L’n,w von 53 dB auf 50 dB reduziert. Das ist eine relevante Verschärfung der Norm für den Geschosswohnungsbau. Ansonsten sind die Grenzwerte R’w für Luftschallübertragungen über Wohnungstrennwände und Wohnungstrenndecken mit 53 dB und 54 dB gegenüber der DIN 4109 unverändert geblieben, und selbst die Empfehlungen für den erhöhten Schallschutz wurden nicht übernommen.

Schallberechnungssoftware von DW Systembau

Mit Unterstützung der MFPA Leipzig (Gesellschaft für Materialforschung und Prüfungsanstalt für das Bauwesen Leipzig mbH) hat DW Systembau auf Grundlage der E DIN 4109 ein Programm zur Vorbemessung der horizontalen und vertikalen Schallübertragungen speziell für den Geschosswohnungsbau entwickelt, mit dem Bauherren, Architekten und Fachplaner frühzeitig überprüfen können, welche Schallschutzqualitäten mit den gewählten Wand- und Deckenkonstruktionen zu erreichen sind beziehungsweise an welchen „Stellschrauben“ es sich lohnt, zu drehen, um die angestrebten Schalldämmwerte zu erreichen.

Das Programm steht auf der Internetseite www.dw-systembau.de jedem interessierten Nutzer zur Verfügung.

Gleichzeitig beauftragte DW Systembau die MFPA Leipzig, Längsschallmessungen an massiven Spannbeton-Fertigdecken   sowie an Spannbeton-Fertigdecken mit Hohlkammern vorzunehmen und konkrete Werte für die Stoßstellendämmung zu ermitteln, um den Einfluss der Hohlkammern auf die Schallübertragungen über Wohnungstrennwände aus nichttragenden Leichtbauwänden abzuschätzen. Als Ergebnis kann man feststellen, dass Massivdecken in gleicher Deckenstärke wegen ihrer höheren Masse bessere Werte erreichen als Spannbeton-Fertigdecken, dass aber Brespa-Decken während der Prüfung deutlich höhere Stoßstellendämmwerte erzielt haben, als es die E DIN 4109 vorgibt. Diese Werte sind in das neue Vorbemessungsprogramm eingeflossen.

Die Messresultate liefern außerdem keine Anhaltspunkte, das Rechenverfahren der neuen DIN 4109 anzuzweifeln, welches keine Unterschiede zwischen gleich schweren Massivdecken und Hohldecken macht.

­Deckensysteme und Schallschutz

Wenn die Plattengeometrien der Spannbeton-Fertigdecken keinen negativen Einfluss auf den Schallschutz haben, welche Auswirkungen haben dann die geringeren Gewichte der Spannbeton-Fertigdecken auf den Schallschutz im Wohnungsbau? Dieser Frage wurde in Zusammenarbeit mit der MPFA Leipzig unter Berücksichtigung der durchgeführten Längsschallmessungen und des neuen Berechnungsverfahren der E DIN 4109 nachgegangen und für jeden der vier Schalllängsübertagungswege untersucht.

Für die horizontalen Luftschallübertragungswerte R‘w weisen Betondecken als unteres und oberes flankierendes Bauteil mit ihren hohen Eigengewichten grundsätzlich sehr gute Schallschutzwerte auf. Dabei spielt es eine untergeordnete Rolle, ob Massivdecken oder Spannbeton-Fertigdecken mit Hohlkammern eingebaut werden, denn spürbare Verbesserungen über höhere Deckengewichte sind kaum möglich. Anders ist es bei Wohnungstrennwänden. Ihr Gewicht hat entscheidenden Einfluss auf den horizontalen Schallschutz. So lassen sich die Anforderungen der DIN 4109 und insbesondere die erhöhten Anforderungen nach Beiblatt 2 der DIN 4109 im Geschosswohnungsbau nur mit schweren Wohnungstrennwänden aus Kalksandstein oder Stahlbeton beziehungsweise mit zweischaligen Leichtbaukonstruktionen oder Vorsatzschalen erreichen.

Vertikale Luftschall­übertragungswerte R’w

Die vertikale Luftschallübertragung geschieht über Wohnungstrenndecken und über flankierende Wände. Dieser Betrachtungsfall ist – wie die Berechnungsergebnisse mit der Schallsoftware zeigen – schalltechnisch in der Regel günstiger als die horizontale Luftschallübertragung R’w, sodass im Allgemeinen gilt: Sind die Anforderungen an den horizontalen Luftschall erfüllt, dann trifft das auch für die Anforderungen an den vertikalen Luftschall zu.

Der horizontale Trittschallübertragungswert L’n,w zu angrenzenden Räumen wird ausschließlich durch die Fußbodenaufbauten und Wohnungstrenndecken bestimmt. Mit Betondecken jeder Art und einem schwimmenden Estrich mit üblichen Estrichstärken und Trittschalldämmplatten mit gängigen dynamischen Steifigkeiten erfüllt man im Geschosswohnungsbau immer die Anforderungen der DIN 4109. Mit dem Einbau einer Trittschalldämmung mit einer dynamischen Steifigkeit von 10 MN/m³ werden mit allen Brespa-Decken die erhöhten Anforderungen nach Beiblatt 2 der DIN 4109 erreicht.

Beim vertikalen Trittschallübertragungswert L’n,w verhält es sich ähnlich wie beim horizontalenTrittschall, allerdings sind auch die Wandgewichte der flankierenden Bauteile und abgehängte Decken von Bedeutung. Setzt man für die flankierenden Wände die Gewichte an, die bereits für die Einhaltung der anderen Schallübertragungswerte erforderlich sind, und wird der schwimmende Estrich mit üblichen Estrichstärken und Trittschalldämmplatten mit gängigen dynamischen Steifigkeiten ausgeführt, dann zeigen die Berechnungsergebnisse der Schallberechnungssoftware, dass im Geschosswohnungsbau mit Betondecken jeder Art immer die Anforderungen der DIN 4109 erfüllt werden. Auch in diesem Fall lassen sich die erhöhten Anforderungen nach Beiblatt 2 mit allen Brespa-Decken und Trittschalldämmplatten mit einer dynamischen Steifigkeit von 10 MN/m³ erreichen. Alternativ sind zusätzliche Unterdecken möglich.

Zusammenfassung

Wenn die neue DIN 4109 Ende dieses Jahres bauaufsichtlich eingeführt ist, werden mit ihr die Anforderungen im Geschosswohnungsbau unwesentlich verschärft. Eine gute Schalldämmung wird nach wie vor durch schwere Bauteile und mehrschalige Konstruktionen erreicht. Für Wände gilt: Günstig sind hohe Rohdichten oder Vorsatzschalen. Fußböden wirken besonders schalldämmend mit „schwimmenden Estrichkonstruktionen“, bei denen die Trittschalldämmplatten mit möglichst niedrigen dynamischen Steifigkeiten eingesetzt werden. Bei Geschossdecken ist es ausschlaggebend, dass Betondecken eingebaut werden, entweder Ortbetondecken oder Spannbeton-Fertigdecken mit Hohlkammern.

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