Brasilien: Brücke über den Rio Negro in Manaus

Am 24. Oktober dieses Jahres wurde die Brücke “Manaus – Iranduba” eingeweiht. Mitten im brasilianischen Amazonasgebiet führt sie über den Fluss Rio Negro.

 Vor dem Bau dieses wichtigen  Verbindungsbauwerks (zwi­schen der Millionenstadt Manaus und dem Umland) brauchte man 40 Minuten, um den Rio Negro mit der Fähre zu überqueren. Nun kann man die 3,6 km in etwas mehr als 5 Minuten zurücklegen. Eine Brücke, die nicht nur die Nutzer des öffentlichen Verkehrswesens sondern auch die gesamte Industrie der Amazonasregion begünstigt.

Der Bau der Brücke dauerte 3 Jahre und 10 Monate und wurde vom brasilianischen Unternehmen Camargo Correa durchgeführt. Die Baukosten betrugen 570 Millionen US-Dollar, zusätzliche Baumaßnahmen wie die 7,4 km langen Zufahrtswege, das Schutzsystem der Pfeiler gegen mögliches Aufprallen von Schiffen, Schiffssignalisierung und Beleuchtung der Brücke sowie der Zufahrten sind darin enthalten. Insgesamt wurden 72 Stützpfeiler, angeordnet in einem Abstand von jeweils 45  Metern, hergestellt. Die befahrbare Fläche beträgt in der Breite 16,50  m. Zählt man die seitlichen Gehwege dazu, sind es sogar 20,70 m. In der Mitte ist die neue Brücke 55 Meter hoch und erlaubt somit auch das Durchfahren von großen Schiffen in der Regenzeit. In der Trockenzeit senkt sich der Wasserspiegel und ergibt somit eine Durchfahrhöhe von rund 70 m.

Während der Bauphase des gewaltigen Projekts mussten sich die Ingenieure immer wieder mit unvorhersehbaren Schwierigkei­ten auseinandersetzen. Eine davon war die vergleichsweise große Tiefe des Rio Negro während der Bauphase – aufgrund des hohen Wasserstands, denn laut hydrologischem Berichte war das der höchste Stand seit 1957. Dies führte zu einer Verzögerung der Baumassnahme, da das eigentlich vorgesehene Fundament für die Stützpfeiler nicht mehr möglich war und ein anderes Fundament notwendig wurde.

Betonbauweise

Laut technischem Abschussbericht des brasilianischen Unternehmens wurden 161.000  m³ Be­ton verarbeitet. Dies entspricht 25 Hochhäusern mit 20 Stockwerken bzw. 2 Stadien in der Größe des Maracaná Stadions. Außerdem kamen 14.500 to Stahl (davon 12.200 to des Typs CA-50, 1.630 to des Typs CP-130 und 57 to des Typs CP-172 RB) zum Einsatz.

Wie bereits erwähnt war der hohe Wasserstand des Rio Negro, der auf das Phänomen „El Niño“ zurückzuführen ist, ein Problem. Am oberen Ende der im Grund des Flusses verankerten Stahlpfeiler konnten die geplanten dreieckigen Betonblöcke nicht an Ort und Stelle hergestellt werden, da die Gießformen und der Beton im Wasser versunken wären. Aus diesem Grund entschieden die Ingenieure, die Betonblöcke auf den Barkassen vorzufertigen. Beim Errichten der Teile konnten die eingearbeiteten Vertiefungen dann exakt auf die drei Stützpfeiler aufgesetzt werden.

Zur Herstellung sämtlicher Betonelemente mussten zwei Betonfabriken mit jeweils 60 m³/h Kapazität gebaut werden, außerdem eine Produktionseinheit auf einer Barkasse mit einer Produktionskapazität von 9 m³/h. Zudem musste das Unternehmen eine anspruchsvolle und zuverlässige Seelogistik organisieren können, um die Beton-Produktion garantieren zu können. Denn zwischen den Produktionsstätten und den Abbaugebieten der Rohstoffe musste eine Strecke von 1.000 km zurückgelegt werden.

Die Bodenplatten für die Widerlager des Pylonen (Schrägseil) sind 22 x 7 m groß und jeweils 265 to schwer. Das Unternehmen nutzte sechs Flöße mit einer Kapazität von jeweils 1.000 to, die mit eigenen Gießformen zur Herstellung der benötigten 50 Bodenplatten ausgestattet waren. Für jede Bodenplatte wurden 106 m³ Beton, 23.950 kg Stahl (Typ CA-50), 40 Ankerseile und 30 Abspannseile sowie 693 m Metalldraht mit einem Gewicht von 7.246 kg Stahl (Typ CP 190 RB) für die Vorspannung benötigt. Der für die Herstellung der Bodenplatten eingesetzte Beton mit fck = 40 MPa (N/mm²) wurde mit einem Zementverbrauch von 530 kg/m³ in der Fabrik am Ufer des Rio Negro hergestellt. Der Herstellungszyklus der einzelnen Bodenplatten wurde in 8,5 Tagen abgewickelt.

Die Positionierung des Floßes bis zur Aufrichtung am Bauwerk erfolgte durch den gleichzeitigen Einsatz von zwei Schleppern, da die Strömung des Rio Negro mit durchschnittlich 0,7 m/s sehr stark war. Die Verbindung der Bodenplatten erfolgte mit einem speziell hierfür angefertigten Epoxidharz mit einer Festigkeit von 60 MPa (N/mm²). Die Verbindung erfolgte in zwei Etappen: zuerst mit dem noch weichen Kleber und dann mit der endgültigen Verhärtung.

Die vorgespannten Krönungs­blöcke für die Stützpfeiler hatten mehrere Löcher, um die Einsetzung der Stützpfeiler am unteren Ende zu ermöglichen. Jeder Block war 60 to schwer und wurde auf dem Floß hergestellt. Für die zwei Wochen dauernde Herstellung wurden 4.800 kg Beton (C 50) mit Zement in 25 MPa (ca. CEM 32,5) benutzt. Die Versiegelung erfolgte ringförmig mit einer Gummimembran zwischen den Löchern der unteren Platte der Blöcke und den Metallmänteln. Diese wurden mit einem Stahlband, das von Tauchern vor dem Hochziehen auf dem Bauwerk angelegt wurde, gegen den Metallmantel gedrückt.

Die vorgepressten Doppel-T-Balken, die zwischen den Pfeilern angebracht wurden und eine Spannweite von 45 m haben, wurden auf Grundlage der maximalen Kapazität des sich auf dem Floß befindlichen Krans entworfen. Ein einzelner dieser Balken ist 43,70 m lang, 2,85  m hoch, an der Oberseite 1,22 m und unten 1,02 m breit. Mit dieser Geome-trie ist der Balken 15  to schwer. Für seine Herstellung wurde 51,7  m³ Beton fck = 35 MPa (C 35/ 40) benötigt; außerdem 7.128 kg Stahl Typ CA-50, 3.979 kg CP-190 Stahl für die Vorspannung und 453 m Metallstangen.

Eigens zur Herstellung der genannten Balken wurde eine Fläche von 18.300 m² am Ufer des Rio Negro auf der Seite von Manaus reserviert, wo 99 Einheiten hergestellt wurden. Die Module der Metallformen wurden mit einem Kran, der 30 to heben kann, bewegt. Die Betonierung erfolgte mit einer Autobetonpumpe, die von Betonmischern gespeist wurde, welche auf den Barkassen befördert wurden, um den Fluss überqueren zu können.

Die Doppel-T-Platten, mit denen die Lücken zwischen den Balken geschlossen wurden und die den Boden bzw. die Fahrbahn bilden, sind 1,09 m x 8,24 m x 0,32 m groß, mit einem Gesamtgewicht von 4 Tonnen. Gebraucht wurden für eine Bodenplatte 1,53 m³ Beton und 384 kg Stahl (CA-50).

Für jeden Brückenabschnitt waren 76 Platten notwendig, wobei monatlich 430 Einheiten hergestellt wurden. Insgesamt wurden 5.386 Bodenplatten verbaut.


Technical Data

Gesamtlänwge der Brücke: 3,6 km

Anzahl der Stützpfeiler: 72

Spannweite des Schrägseils: 400 m

Länge des zentralen Balkens: 2 x 200 m

Breite des Brücke: 20,70 m

Breite des Abschnitts mit seitli­chem Gehweg: 22,60 m

Höhe in die Mitte des Brücke: 55 m

Höhe mit Hauptmast: 103 m

Gesamtzahl der Kabel: 56

Vorgefertigte Balken insgesamt: 213

Gesamtanzahl der Stützen: 246

Betonmenge pro Stützpfeiler: 2.800 Säcke Zement

Strukturbeton (m³): 161.710

Stahl CA-50 (Tonnen): 21.500

Stahl CP-190 RB (Tonnen): 1.270

Zement: 1.600.000 Säcke

  

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 05/2016

Kreisförmige Stahlbetonbrücke für Uruguays Atlantikküste

Die Brücke über die Garzón-Lagune wurde bereits vor mehr als zwei Jahrzehnten mit dem Ziel geplant, die Bezirke Maldonado und Rocha im südöstlichen Teil von Uruguays Atlantikküste zu verbinden;...

mehr
Ausgabe 02/2014 In monolitischer und segmentärer Bauweise

UHPFRC-Balken mit Hohlkastenquerschnitt

Ausgangssituation Im Gegensatz zur monolithischen Bauweise werden im Segmentbau einzelne Bauelemente im Fertigteilwerk vorproduziert und später auf der Baustelle über Fugen und unter Zuhilfenahme...

mehr
Ausgabe 01/2023 SACEEM

Die Jahrhundertbrücke zur Stärkung der Wirtschaft in Uruguay

Die Schnellstraße Ruta 5 durchquert das südamerikanische Land Uruguay von Süden nach Norden, führt dabei durch die Hauptregionen Calenoes, Florida, Durazno und Tacarembé und verbindet die Städte...

mehr
Ausgabe 06/2019 EUROFINSA

Die neue Brücke zwischen Samborondón und Guayaquil

Täglich werden 60.000 Fahrzeuge dieses neue 780 m lange Straßenbauwerk überqueren, das damit den wachsenden Verkehr in den beiden durch den Fluss Daule getrennten Provinzen Samborondón und...

mehr