CO2-Absorption von Beton

Neubewertung der Ökobilanzen für Betonprodukte?

Als Carbonatisierung wird die physikalisch-chemische Reaktion zwischen CO2 und Zementstein in der Gegenwart von Porenwasser bezeichnet, durch die Kohlenstoff aus der Atmosphäre gebunden wird. Die Autoren eines im November 2016 in „Nature Geoscience“ veröffentlichten Artikels [1] schätzen ab, dass weltweit 43 % der CO2-Prozessemissionen der Zementherstellung in den Jahren 1930 bis 2013 durch die Carbonatisierung von Beton und Mörtel im gleichen Zeitraum gebunden wurden.

In dem Artikel wird somit eine Perspektive eingenommen, bei der eine globale CO2-Bilanz für einen abgeschlossenen Zeitraum der Vergangenheit betrachtet wird. Für eine Abschätzung der Frage, welcher Anteil des bei der aktuellen Zementproduktion emittierten Kohlendioxids durch Carbonatisierung gebunden werden kann, wären Eingangsgrößen zu wählen, die zum Teil von den Annahmen im Artikel abweichen. Beispielhaft können hier genannt werden:

Verhältnis Zementmörtel/Beton: In den Berechnungen von „Nature Geoscience“ wurde angenommen, dass 30 % der Zementproduktion im Mörtel verwendet wurden. Andere Wissenschaftler schätzen diesen Prozentsatz für aktuelle Betrachtungen als zu groß ein.

Klinkerfaktor: Die maximale Aufnahme von Kohlenstoff im Zementstein hängt unter anderem vom Anteil des Zementklinkers im Zement ab. In „Nature Geoscience“ wurde der Klinkeranteil mit 75 % bis 97 % (statistisch verteilt) abgeschätzt, während der durchschnittliche Klinkerfaktor aktueller Zemente geringer ist (2015 in Deutschland etwa 74 %).

Das bei der Zementproduktion emittierte Kohlendioxid aus fossilen Brennstoffen bleibt bei dem oben genannten Prozentsatz von 43 % unberücksichtigt.

Die in Kürze erscheinende Norm EN 16757 [2] wird in einem Anhang Hinweise geben, mit deren Hilfe qualifizierte Abschätzungen zur CO2-Aufnahme von zementgebundenen Baustoffen vereinfacht werden. Die so berechnete CO2-Aufnahme kann in Ökobilanzen ausgewiesen werden und dort das mit der Herstellung von zementgebundenen Baustoffen verbundene Treibhauspotenzial zum Teil ausgleichen.

References/Literatur

[1] Fengming Xi et al.: „Substantial global carbon uptake by cement carbonation“, Nature Geoscience, November 2016

[2] EN 16757 - Sustainability of construction works - Environmental product declarations - Product Category Rules for concrete and concrete elements

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 02/2014 Warum zeigen schwarze, farbige und graue Betonsteinoberflächen mit der Zeit Aufhellungen?

Verblassende Betonsteinoberflächen –

Stabilität der Anbindung von Pigmenten an Zementstein Die im Betonstein vorhandenen nadeligen Strukturen sind ideale Anknüpfungsstellen für Metalloxidpigmente wie etwa Bayferrox-Eisenoxidpigmente,...

mehr

Österreichs erste CO2-Rückgewinnungsanlage in der Zementindustrie

Rohrdorfer errichtet Österreichs erste CO2-Rückgewinnungsanlage in der Zementindustrie im großtechnischen Maßstab. Kürzlich setzten Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, Landesrat Markus...

mehr
Ausgabe 10/2022

Erhärtungsverfahren durch Carbonatisierung zur Herstellung von gegossenen Betonprodukten auf Hüttensandbasis

(10) US 2022/0234956 A1 (22) 13.04.2022 (43) 28.07.2022 (57) The present description relates to methods of producing a wet-cast slag-based concrete product particularly where the wet-cast...

mehr
Ausgabe 05/2013

Chancen und Grenzen des Betonrecyclings

Im Unterschied zu Beton aus natürlichen Gesteinskörnungen enthält Rezyklatbeton zwei Arten von Zementstein: Den „neuen“, die Festigkeit bewirkenden Zementstein und den „alten“ Zementstein,...

mehr
Ausgabe 06/2022

CO2-Einbindung in Betonrezyklat – ein Meilenstein auf dem Weg zur CO2-Neutralität

HeidelbergCement hat sich verpflichtet, bis 2050 CO2-Neutralität für das gesamte Produktportfolio auf Betonebene zu erreichen. Hierzu wird HeidelbergCement auf allen Ebenen nicht nur an der...

mehr