„Rheologische Messungen an Baustoffen“

Wenig beeindruckt von der internationalen Krise zeigten sich die Baustoffforscher aus aller Welt. Nahezu die gleiche Anzahl von Teilnehmern wie im letzten Jahr fand nach Regensburg, um sich über die neuesten Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der Baustoffrheologie zu informieren. Vortragende aus sechs Nationen, von Indien bis Island, und Besucher aus über 10 Ländern ließen die Hochschule Regensburg und die Firma Schleibinger als Veranstalter zu Recht von einer internationalen Tagung sprechen.
Peter Ramge von der BAM in Berlin zeigte, wie sich die Lagerbedingungen des Zements auf die Fließeigenschaften von Mörteln auswirken. Die mit dem Elektronenmikroskop nachgewiesenen Hydratationsprodukte auf der Oberfläche der Zementpartikel wirken sich offensichtlich auf das Setzfließmaß und die rheometrisch bestimmte Fließgrenze aus.
Dem Sand, einem weiteren Ausgangsprodukt des Mörtels, widmete sich Frau Dr. Stark von der Universität Weimar. Hintergrund ihres Forschungsprojektes ist der Ersatz von Natursanden durch Brechsande. Durch moderne optische Messverfahren konnte sie, neben der Sieblinie, die Kornform und deren Einfluss auf die Fließgrenze von Mörteln untersuchen. Für die rheologischen Messungen kam die Korbzelle nach Prof. Vogel zum Einsatz.
Mit modernen Oszillationsmessungen untersuchte Steffen Schneider von der Knauf Gips KG das Ruhe- und Verarbeitungsverhalten von Spachtelmassen.
Beim modernen Beton ist das Ruheverhalten ebenso von großem Interesse. Ist der Mörtel oder Beton im Ruhezustand nicht stabil, so kommt es zum Absetzen der Gesteinskörnung. Es ist bekannt, dass ein selbstverdichtender Beton auch thixotrope Eigenschaften haben muss, wenn er leicht fließen und trotzdem stabil sein soll. Dirk Lowke von der TU München stellte eine neue Theorie zu diesem Thema vor. Dabei konnte er zeigen, dass Nah- und Fernwirkungen zwischen den Feinstoffpartikeln unterschiedlich vom Fließmittel und vom Wasser beeinflusst werden. Dies kann dazu führen, dass ein SVB mit mehr Wasser und weniger Wasser in der Anwendung robuster ist.
Die Wirkung moderner Fließmittel hängt unter anderem auch von der Temperatur ab. Dr. Golaszewski von der TU Gliwice, Polen, zeigte, dass dieser Effekt im Zementleim oft nicht oder falsch nachweisbar ist und hier eine rheologische Messung am Mörtel unverzichtbar ist.
Traditionell wird SVB in Deutschland mit einem relativ hohen Bindemittelanteil hergestellt. Florian Müller, Innovation Center Iceland, stellte ein etwas anderes Mischungsdesign mit weniger Bindemittel vor. Hiermit lässt sich SVB produzieren, der schneller fließt, also niedrig viskos, aber trotzdem stabil ist.
Ganz auf  Zement verzichtet der so genannte Geopolymer Beton, den Frau Prof. Malathy, vom Kongu Eng. College, Indien, vorstellte. Hier werden Aschen, insbesondere Flugaschen, zusammen mit einem chemischen Aktivator als Bindemittel verwendet.
Der tatsächliche Schalungsdruck bei SVB-Betonagen ist nach wie vor nicht eindeutig bekannt, sodass man allgemein den hydrostatischen Schalungsdruck zu Grunde legt. Carsten Bohnemann von der RWTH Aachen hat hierzu umfangreiche Versuchsreihen durchgeführt. Interessanterweise besteht bei hoch- und niederviskosem SVB kein Unterschied im Schalungsdruck. Bei nicht allzu hoher Betoniergeschwindigkeit sind die Drücke sogar niedriger als beim Rüttelbeton. Dies gilt allerdings nicht beim Einbringen des Betons von unten durch Pumpen. Hier ist tatsächlich vom hydrostatischen Druck auszugehen.
Dr. Kumar, Granit Constr. Company, Abu Dhabi, stellte unter anderem die in Abu Dhabi verwendeten Prüfmethoden für stahlfaser-bewehrten SVB vor.
Die Eignung von alkalifreien Beschleunigern für den Spritzbeton kann bisher leider nur in aufwändigen Spritzversuchen beurteilt werden. Peter Iff von der Bilfinger Berger AG, Labor München, entwickelt zusammen mit der Hochschule Nürnberg ein Laborprüfverfahren. Da die Vorgänge hier extrem schnell ablaufen, liefern klassische Rheometer- und Oszillationsversuche keine eindeutigen Ergebnisse. Deshalb wurden weitere Untersuchungen mit der  REM-Kryoskopie durchgeführt. Die Hydratation wird dabei durch Eintauchen in unterkühlten Stickstoff unterbrochen. Anschließend werden die Proben im Rasterelektronenmikroskop untersucht.
Zum Abschluss der Veranstaltung stellte Prof. Yilmaz, TU Istanbul, Türkei, das Projekt einer Unterseepipeline vom Türkischen Taurusgebirge nach Zypern und weiter in den Nahen Osten vor. Ein Kunstoffrohr wird dabei in ungefähr 200 m Wassertiefe schwimmend am Meeresboden verankert. Viele, auch strömungstechnische und rheologische Probleme machen dieses Projekt zu einer ingenieurtechnischen Herausforderung. Nach einem gemütlichen Beisammensein und informellem Erfahrungsaustausch am Abend fand am 12.03. ein Laborworkshop statt, bei dem rheologische Grundlagen vermittelt und baupraktische Messungen durchgeführt wurden.
Das nächste Kolloquium findet voraussichtlich in der zweiten Märzwoche 2010 wieder an der Hochschule Regensburg statt.  

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