VBF NORD/FBF/BETONBAUTEILE BAYERM/UVMB

Sicher bis zum Kunden

Seit diesem Jahr ist die Broschüre „Ladungssicherung von Betonprodukten auf Straßenfahrzeugen“ erhältlich. Im Gespräch mit der Redaktion der Fachzeitschrift BFT International erklärt Co-Autor Dipl.-Verwaltungswirt (FH) Alfred Lampen, welche Besonderheiten beim Transport von Trägern, Decken oder Pflastersteinen zu beachten sind und welche Grundlagen der Ladungssicherung jeder kennen muss.

BFT International: Im Auftrag des Verband Beton- und Fertigteilindustrie Nord e.V., BetonBauteile Bayern im Bayrischen Industrieverband Steine und Erden e.V., Fachverband Beton- und Fertigteilwerke Baden-Württemberg e.V. und Unternehmerverband Mineralische Baustoffe (UVMB) e.V. haben Sie gemeinsam mit dem Sachverständigen Ralf Schöne die Broschüre „Ladungssicherung von Betonprodukten auf Straßenfahrzeugen“ geschrieben. Warum wurde eine solche Broschüre notwendig?

Alfred Lampen: Gerade in der Betonfertigteilindustrie haben Sie eine große Bandbreite an unterschiedlichen Produkten, angefangen bei den großen Fertigteilen bis hin zu palettierten Pflastersteinen. Jedes dieser Produkte muss individuell passend gesichert werden.

Wie das zu tun ist, dazu gibt es eine Vielzahl an Meinungen, Ausarbeitungen und Gutachten. Mit dem Ziel einmal einheitliche, eindeutige Empfehlungen zur Ladungssicherung der verschiedenen Betonfertigteile zu geben, haben wir versucht, all diese Meinungen, Ausarbeitungen und Gutachten in der neuen Broschüre zu berücksichtigen.

 

BFT: Auf welcher technischen und rechtlichen Grundlage wurden die Empfehlungen erstellt?

Lampen: Grundlage sind die Richtlinienreihe VDI 2700 und ihre Folgeblätter, die Europäische Berechnungsnorm DIN EN 12195-1 und spezielle Gutachten, die es bereits zum Thema gab, darunter zum Beispiel Werte des Fraunhofer Instituts, von TÜV oder Dekra.

BFT: Welche Grundlagen der Ladungssicherung muss jeder Verlader und Fahrer kennen?

Lampen: Grundsätzlich gilt, dass die Ladung dann ausreichend gesichert ist, wenn die Wirkung der Massenkraft der Ladung durch das Zusammenwirken von Reibungskraft und Sicherungskraft kompensiert wird. Verlader und Fahrer müssen deshalb folgende Zusammenhänge kennen:

Erstens müssen sie wissen, dass 80 % des Gewichts der Ladung nach vorn und 50 % des Gewichts der Ladung jeweils zu den Seiten und nach hinten gesichert werden müssen.

Zweitens müssen sie wissen, dass ein bestimmter prozentualer Anteil an der Ladungssicherung bereits durch die Reibung zwischen Ladung und Ladefläche erfolgt. Dazu müssen Verlader und Fahrer die jeweiligen Reibbeiwerte für flächige Bauteile, stabförmige Bauteile, Schächte, paketierte Betonwaren und so weiter auf den genannten Ladeflächen kennen. In der Broschüre gibt es Übersichten dazu.

 

BFT: Geben Sie uns ein Beispiel.

Lampen: Nehmen wir an, Sie transportieren auf einem Fahrzeug mit Pritschenaufbau ohne Formschluss nach vorne mehrere aufeinander gestapelte, flächige Betonfertigteile mit einem Gesamtgewicht von 10 t. Nach vorne hin müssen Sie 80 % des Ladungsgewichts absichern, also 8 t. Die Kraft der Reibung zwischen dem Betonfertigteil und der stählernen Ladefläche vermindert die Massekraft; Sie können dafür einen Reibbeiwert von 0,4 ansetzen; das heißt, dass nicht mehr 80 % des Landungsgewichts abgesichert werden müssen, sondern 80 % minus 40 %, also nur noch 40 % oder in unserem Beispiel 4 t.

Diese verbleibende Differenz aus Massekraft minus Reibungskraft muss durch Sicherungsmittel, wie Zurrgurte und -ketten, Steckrungen oder Bordwände ausgeglichen werden.

Welche Sicherungsmittel Sie benötigen und wie viele davon, das ist eine komplexere Berechnung. In der Broschüre finden Sie Kurzübersichten dazu, die wir auf der Grundlage der VDI 2700 Blatt 2 und der Berechnungsnorm DIN EN 12195-1 zusammengestellt haben.

 

BFT: Sehen wir uns die fünf Produktgruppen an, die Sie in der Broschüre unterscheiden, und die jeweils spezifischen Empfehlungen zu deren sicherer Verladung. Los geht es mit flächigen Bauteilen, wie Decken und Wandelemente – was ist zu beachten?

Lampen: Der Transport von flächigen Bauteilen mit dem Innenlader, mit A-Böcken oder Schrägböcken ist unproblematisch.

Problematisch kann dagegen der Liegendtransport sein, wenn mehrere flächige Bauteile, zum Beispiel Decken, ohne Formschluss nach vorne transportiert werden. Wenn die Decken also frei, ohne Formschluss nach vorne auf der Ladefläche liegen, dann ist ein sehr großer Sicherungsaufwand notwendig.

Gleichzeitig können die Decken aber beschädigt werden, wenn für die Sicherung viele Zurrgurte angelegt werden. Das ist dann auch der Grund, warum Verlader beziehungsweise Fahrer nicht selten weniger Zurrgurte verwenden als das nach den Berechnungen der Normen angemessen ist. Und dann reicht die Sicherung eben nicht aus.

Vorteilhaft ist es deshalb, mehrere flächige Bauteile so übereinander zu stapeln, dass ihre Kanten nach vorne, in Fahrtrichtung bündig abschließen. Ich kann den Stapel dann nach vorn mit Steckrungen oder Kopfschlingen sichern.

 

BFT: Was ist bei stabförmigen Bauteilen zu beachten, etwa bei Stützen, Bindern, Unterzügen oder Riegeln?

Lampen: Der Transport von stabförmigen Bauteilen spielt sich oft im Schwertransport ab mit Rungen- oder Nachläuferfahrzeugen. Das ist auch alles in allem gut geregelt.

Ein Sonderfall, den wir in der Broschüre auch in diese Produktkategorie eingeordnet haben, sind Treppen. Die sind zum Teil so geformt, dass die Ladungssicherung für den Transport sehr schwierig ist. Oft schmeißen die Verlader und Fahrer einfach einige Gurte darüber und zurren nieder. Rechnerisch ist das aber häufig nicht ausreichend, weil das Niederzurren durch den flachen Zurrwinkel nicht effektiv ist.

Für die Sicherung von Treppen empfehlen wir Lassoschlingen. Mit den Lassoschlingen wird diagonal gezurrt. Bei Treppen mit einem Gewicht von bis zu 5 t beispielsweise reichen vier diagonal gezurrte Gurte und zusätzlich ein Gurt zum Niederzurren für die Ladungssicherung aus.

 

BFT: Was ist beim Transport von Schächten, Rohren und Formteilen zu beachten?

Lampen: Schächte werden überwiegend stehend transportiert. Nach vorne hin müssen sie blockiert werden, zum Beispiel durch Steckrungen-Systeme oder durch eine Kopfschlinge. Außerdem müssen sie niedergezurrt werden, um das Wandern auf der Ladefläche zu verhindern.

Rohre werden auf der Ladefläche liegend transportiert. Wichtig ist der Formschluss nach vorne und zu den Seiten. Dazu können wiederum Steckrungen-Systeme oder Schlingen verwendet werden. Es ist immer dasselbe Prinzip.

 

BFT: Einen großen Teil der Transporte auf den Straßen machen vermutlich palettierte Bauteile aus. Welche Herausforderungen gibt es in diesem Bereich und welche Lösungen bieten Sie an?

Lampen: Beim palettierten Ladegut gibt es zwei Hauptherausforderungen: Erstens gibt es eine Vielzahl unterschiedlich großer Paletten und das Gewicht der beladenen Paletten ist unterschiedlich groß. In der Folge kann oftmals nicht die gesamte Ladefläche ausgenutzt und nicht formschlüssig beladen werden – entweder passen die Maße der Paletten nicht oder aber das Gesamtgewicht vieler schwerer Einzelpaletten wäre so groß, dass das Fahrzeug überladen wäre. Also lassen Verlader und Fahrer Lücken zwischen den einzelnen Paletten.

Zweitens beladen viele Verlader und Fahrer mit Kran und Klammer. Wenn Sie mit Klammer beladen, dann entstehen zwischen den Paletten ebenfalls Ladelücken.

Unser Vorschlag ist, Paletten mit Modulmaß zu verwenden – also Europoolpaletten mit den Maßen 120 x 80 cm, Europaletten 2 mit den Maßen 120 x 100 cm oder Industriepaletten mit den Maßen 120 x 120 cm. Davon können Sie immer zwei nebeneinander stellen, erreichen damit das Ladungsbreitemaß von 240 cm und haben damit zu den Seiten hin formschlüssig beladen.

Außerdem empfehlen wir, das Gewicht der einzelnen Palette zu reduzieren, sodass Sie die Ladefläche vollstellen können, ohne das Fahrzeug zu überladen.

Und schließlich empfehlen wir, die Paletten per Kran mit Gabel auf die Ladefläche dicht an dicht zusammen zu stellen; Sie vermeiden damit Ladelücken, die bei der Beladung der Ladefläche mit der Klammer zwangsläufig entstehen.

Wenn Sie alle diese Empfehlungen befolgen, dann sichern die Bordwände des Fahrzeugs die Ladung und Sie müssen keine zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen ergreifen.

 

BFT: Wichtig für die Ladungssicherung ist auch, dass der Fahrzeugaufbau einwandfrei intakt ist, dass Bordwände, Zurrpunkte oder auch Stempel eines Innenladers entsprechend den Angaben voll belastbar sind. Reicht die Sichtkontrolle durch Verlader und Fahrer vor einem Transport aus?

Lampen: Ja, das reicht aus. Sie gehen um das Fahrzeug herum und schauen, ob die Bordwände intakt sind, ob die Verriegelung der Heckklappe in Ordnung ist, ob die Stempel auch wirklich Druck ausüben oder nur locker am Fertigteil anlehnen. Wenn alles ‚augenscheinlich‘ in Ordnung ist, kann ich das dokumentieren und das Organisationsverschulden des Verladers ist minimiert.

 

BFT: Und wie muss ich dokumentieren, damit ich im Falle eines Falles auf der sicheren Seite bin?

Lampen: Möglichst individuell, denn bei einem Gerichtsverfahren muss ich ja belegen, dass genau die Ladung, um die es geht, ausreichend gesichert war.

Ich mache also eine Sichtkontrolle und halte für jedes Detail fest, ob es vorhanden und in Ordnung ist. Für diesen Zweck haben wir einen Musterstempel entwickelt, der auf Seite 35 der Broschüre abgebildet ist. Diesen Musterstempel kann jedes Unternehmen individuell für sich anpassen. Sie setzen den Musterstempel auf den Lieferschein und auf die Durchschrift und kreuzen beispielsweise das gestempelte Feld „Antirutschmatten verwendet – ja“ an.

Im Falle eines Falles können Sie die Durchschriften der Lieferscheine vor Gericht vorlegen.

 

BFT: Wie groß schätzen Sie die Chancen ein, dass sich die Empfehlungen aus der Broschüre „Ladungssicherung von Betonprodukten auf Straßenfahrzeugen” in der Branche mittelfristig durchsetzen?

Lampen: Ich denke, die Chancen sind gut. Einige Verlader haben ja bereits umgestellt. Und andere werden sicher folgen.

Vor allem aber finde ich, dass es von großem Verantwortungsbewusstsein zeugt, dass sich die Branche entschlossen hat, eine solche Broschüre ausarbeiten zu lassen. Und ich würde mich freuen, wenn die Unternehmen der Branche die Empfehlungen für die Ladungssicherung unvoreingenommen prüften und sich das heraussuchten, was für sie passt.

Interview: Christian Jahn, M. A.

 

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Verband Beton- und Fertigteilindustrie Nord e. V.

Raiffeisenstraße 8

30938 Großburgwedel/Germany

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