Erweiterung der Pflastersteinproduktion in der Lombardei/Italien

Qualität setzt sich immer durch!

Etwas gegen den Trend stemmte sich das norditalienische Unternehmen M.V.B., als es in Krisenzeiten nicht wie viele andere in Lethargie fiel, sondern sich für eine Werkserweiterung entschied. Insgesamt gut 9 Mio. Euro investierte der Familienbetrieb im letzten Jahr dafür in den Firmenstandort für Produktionsanlage und Grundstück. Die Hess Maschinenfabrik GmbH & Co. KG lieferte eine komplette Steinfertigungsanlage nach Bregnano.

Zwischen Mailand und dem Comer See ist seit 1986 das Unternehmen M.V.B. im kleinen Ort Bregnano ansässig. 1986 begann der Firmengründer in der Branche der Betonwaren. Interessant ist bei dieser Geschichte der Werdegang: Mit 14 Jahren begann Nemesio Brenna als Natursteinleger im väterlichen Betrieb. Dann machte er sich im Alter von 26 Jahren selbstständig und gründete ein Betonwerk. An­gefangen hat er mit einem Bodenfertiger. Heute ist er 55 und als Hauptaktionär von M.V.B. nach wie vor engagiert und aktiv im Firmengeschäft tätig. Sein Sohn Matteo ist mittlerweile auch ins Unternehmen eingestiegen, auch er ist Aktionär. Außerdem ist als weiterer Aktionär Claudio Brenna, der Bruder von Nemesio, zu nennen, der ebenfalls im Tagesgeschäft des Betonwerks anzutreffen ist.

Die Unternehmensgeschichte kann man wohl als Erfolgsgeschichte bezeichnen, denn das Wachstum stand nie still. 1986 begann alles. 1987 schon kaufte man eine Anlage Rosacometta, um Steine und Platten produzieren zu können. 1998 ersetzte man diesen Anlagentyp durch einen Omag-Steinfertiger, das Handlingsystem der alten Maschine blieb jedoch erhalten. Später, im Jahr 2002, folgte dann die Anschaffung einer kompletten Omag-Anlage. Später wurde in dieser Halle noch eine Alterungsanlage integriert. In einer neu errichteten Halle wurde eine Spaltanlage mit speziellem Handling (Robotergreiftechnik) und Sandstrahl- und Alterungseinrichtung installiert. Dieser Anlagentyp war für das italienische Unternehmen einer der ersten vollautomatischen Werkshallen.

Und die Erfolgsgeschichte ging weiter: Also fiel inmitten und ungeachtet der Krise die Firmenentscheidung, erneut in die Anlagentechnik und -erweiterung zu investieren. Wieder wurde das Werksgelände um einen Hallenneubau erweitert. Das war möglich, weil den Eigentümern genügend Land zur Verfügung steht. Aber dieses Mal fiel die Entscheidung zu Gunsten des Anlagenbauers Hess aus Burbach-Wahlbach.

 

Als Kern die RH 2000-3 VA

Zentrale Einheit der neuen Produktionsstraße ist der Betonsteinfertiger RH 2000-3 VA. Diese Maschine ist die „High-End-Maschine aus dem Hause Hess“. Langjährige Erfahrungen im Maschinenbau wurden hierbei mit den technologischen Fortschritten kombiniert. Einfache Be-
dienbarkeit bei hohen Sicherheitsansprüchen garantiert dabei ebenso die Wirtschaftlichkeit für den Kunden. Alle beanspruchten Komponenten sind besonders robust ausgelegt. Unter Einsatz „intelligenter“ Elektronik wird die Verbindung mit innovativen Umsetzungen verschiedener Maschinenfunktionen garantiert. Hess sichert mit diesem Maschinentyp hohe Wirtschaftlichkeit für die Beton-
steinfertigung. Produziert werden kann auf Unterlagsblechen mit Abmaßen von 1200 x 1000 mm bis 1550 x 1450 mm. Daraus ergibt sich eine Fertigungsfläche von 1100 x 1050 mm bis max. 1450 x 1400 mm. Die Produkthöhe kann bis zu 500 mm betragen.

Die besonders robuste und langlebige Ausführung liegt in der guten mechanischen Bauweise begründet, die durch die Fertigung auf modernsten Bearbeitungszentren ermöglicht wird. Die Steuerungs- und Visualisierungssysteme basieren auf Siemens S7 und Siemens WIN CC.

Eine Besonderheit der Maschine ist die hochdynamische Hydraulik, welche mit einem elektronischen Achs-Controller kombiniert ist. Je nach Ausführung ist der Fertiger mit elektrisch verfahrbarem Kernbetonteil, Formschnellwechsel oder weiteren Optionen erhältlich.

Das VarioTronic-Verdichtungssystem zeichnet sich durch große Zuverlässigkeit und Präzision bei der Produktion aus. Die vollkommen unabhängige Einstellbarkeit von Frequenz und Amplitude gewährleistet optimale Vibrationsparameter bei Formfüllung und Hauptverdichtung.

Durch den Einsatz von Asynchronservomotoren werden die Winkel der Rüttler in kürzester Zeit verstellt. Dadurch wird eine extrem kurze Rütteldauer bei gleichbleibend hoher Produktqualität in der Betonsteinfertigung erzielt. Bei der speziellen Ölbadrüttlung werden die Vibrationswellen in einzelnen, in sich geschlossenen Gehäusen gelagert, die mit Öl gefüllt sind. Dadurch entstehen erhebliche Vorteile wie konstante Lagerschmierung, Verhinderung von Trockenläufen innerhalb des Gehäuses sowie die dadurch resultierende verlängerte Lebensdauer.

Die pneumatische Auflastklemmung zählt ebenso zu den besonderen Leistungsmerkmalen der RH 2000-3 VA.

Durch die herstellbaren Produkthöhen (25 mm bis 500 mm) ermöglicht der Multimat RH 2000-3 VA die Produktion eines äußerst breiten Sortimentsspektrums von Betonwaren. Dank der hohen Variabilität der RH 2000-3 kann jederzeit schnell und flexibel mit der Produktion auf geänderte Marktanforderungen reagiert werden, mit einer Qualität, die höchsten Ansprüchen gerecht wird.

 

Komplexe Anlage bei M.V.B.

Was diese Anlage in Italien so einzigartig macht, ist die Komplexität der Anlage einerseits und die Liebe zum Detail andererseits, die die Unternehmer in dieses Projekt steckten.

Die Produktionshalle wurde in Fertigteilbauweise mit vielen breiten und großzügig angeordneten Lichtbändern gebaut. Es ist, als würde man unter freiem Himmel Betonwaren produzieren! In diese lichtdurchflutete Halle wurden viele prozessoptimierende und qualitätssteigernde Features eingebaut.

Nach dem eingekapselten Steinfertiger, also direkt neben der Einhausung, wurde eine Auswaschanlage installiert. Die Fördereinrichtung ist als stabiles Förderbandsystem ausgebildet, das mit zahlreichen Übergabestationen den ganzen Kreislauf versorgen kann.

Im Umlauf befinden sich ca. 8.000 Fertigungsunterlagen. Bei M.V.B. entschied man sich für Fertigung auf Blechen, weil man eben auch sehr großformatige Waren in dieser Halle produzieren will.

Die Trockenkammern fassen ca. 4.700 Lagen, die in 14 mit Rolltoren verschließbaren Kammern untergebracht werden können. Die schweren Stahlpaletten erfordern natürlich ein besonderes Handling- und Transportsystem. Nach dem Brettwender sind daher Scherenhebebühnen angebracht, die quer verfahrbar sind und die leeren Unterlagen von der Trockenseite wieder zurück zur Rückseite des Steinfertigers fahren.

Seit gut drei Monaten befindet sich die Anlage in der Anlaufphase. Die Firmeneigner probieren sich an grauen Produkten wie Bordsteinen, Platten, Pflastersteinen u. ä, aber auch die Serie der farbigen Produkte wurde schon gefahren.

Zur Farbdosierung steht eine Farbdosieranlage von Würschum für vier Pulverfarben zur Verfügung. Auch beim Thema Farben hat M.V.B. weitergedacht: Eine Colormix-Einrichtung ist schon installiert, so dass auch die Produktion von nuancierten Betonwaren ablaufen kann.

Auch die Zusatzmitteldosierung kommt vom deutschen Dosieranlagenproduzenten Würschum.

Auf der Mischerebene arbeiten ein 2 m³-Mischer für die Kernbetone (Schlosser Pfeiffer) und ein kleinerer Mischer für 0,5 m³ Vorsatzmischungen. Beide Mischer sind selbstredend mit Feuchtemesssonden (Ludwig, FL Micro Turbo) der konstante Wasserwerte im Beton garantiert, ausgestattet.

Die Rohstoffversorgung der neuen Anlage – sprich der neuen Halle – wird über den Aufgabebunker der nebenan stehenden älteren Produktionshalle mit der Omag-Anlage organisiert. Ein schräg stehendes Förderband bringt die Rohstoffe auf Silohöhe – ein Niveau etwas über der Mischerebene. Hier oben sind ein Verteilerband sowie zwei verfahrbare Querbänder für die zwei Siloreihen angeordnet. Die Querbänder ermöglichen das Befüllen jedes Silos. Es stehen sechs große Kernsilos zur Verfügung und sechs kleinere Silos für die Vorsatzzuschläge. Die Silos werden per Laser elektrooptisch in der Füllhöhe überwacht und senden Signale direkt an die Zentralsteuerung. Werden die Zuschläge für eine Betonmischung abgerufen, so dosiert die Mischanlagensteuerung direkt über ein Wägeband die benötigten Mengen in den jeweiligen Aufzugskübel (Kern oder Vorsatz).

Über den zu öffnenden Mischerboden werden die Betone in Kübel übergeben. Über eine kleine Kübelbahn wird der Beton zum Steinfertiger in die benachbarte Halle gefahren und in die jeweiligen Bunker der Maschine gefüllt.

Die Zentralsteuerung ist in einem Steuerungscockpit direkt neben der Maschine untergebracht. Somit sind einerseits die Maschine abgekapselt als auch andererseits die Maschinisten in einer Einhausung gut aufgehoben. Das passt zum Sicherheitskonzept der ganzen Anlage. Auffällig sind auch die diversen Steuerungspanels am Produktionskreislauf. So wäre es jederzeit möglich, die Auswaschanlage, die Hub- und Senkleiter samt Gabel­wagen usw. von der Zentralsteuerung „herauszunehmen“ und direkt einzeln anzusteuern.

 

Projekt „Höchste Qualität“

Wenn man einen Neubau oder eine derartige Investition tätigt, dann geht das nur, wenn man viele Schritte vorausdenkt und gleichzeitig an seinen Zielen festhält. Bei M.V.B. ist dies auch der Fall. Schon bei Planung und Installation des Steinfertigers hatte man den gesamten Prozess der Fertigung auf hochwertige Betonwaren ausgelegt. So wurde mit dieser Maßgabe auch eine Fräse zwischen Senkleiter und Steinlöser geschaltet. Diese Fräse soll die großformatigen und dicken Platten und Blöcke  kalibrieren. Auch in Italien, so lerne ich bei meinem Besuch, sind große Betonplatten mit hohen Steindicken gerade sehr gefragt. Und in diesen Breiten ist es wohl üblich, dass diese Platten dann ähnlich Natursteinen geklebt werden (also im Mörtelbett verlegt) und nicht in ungebundener Bauweise ausgeführt werden, wie dies z. B. in Deutschland üblich ist.

 

Ausblick und Zusammenfassung

Eine Besonderheit dieses Betonwerkes ist sicherlich, dass die Eigentümer und Aktionäre selber an der Maschine stehen und die Einfahrphase des Steinfertigers selber betreuen. Aber der „Zuschauer“ hat nicht den Eindruck, dass dies eine Art Überwachung des Maschinenbauers sein könnte. Nein, ganz im Gegenteil: Man ist nicht nur dabei, wenn die Anlage eingestellt wird; hier stehen die Männer, die wissen, was sie wollen und wie sie das umsetzen müssen!

Natürlich haben auch die Mitarbeiter bei M.V.B. die Möglichkeit, sich Unterstützung im Hause Hess zu ­holen, denn auch hier hat man die Möglichkeit der Online-Überwachung und des Hess-Services vertragsrechtlich abgesichert. Aber das ist nur eine Alternative für die Geschäftsführung aus Bregnano. Hier will man ganz genau wissen, was die neue Anlage alles kann und welche Möglichkeiten für die Betonwerker in dieser hoch entwickelten Maschinenbautechnologie noch schlummern könnten.

Ich war beeindruckt von der sehr guten Qualität der Testläufe: geschlossene Pflastersteinoberflächen, perfekte Fasenausbildung und optisch perfekt verdichtete Kernbetone kennzeichneten die ersten Produktionsergebnisse.

Zuversichtlich schauen Nemesio, Claudio und Matteo auf die nächsten Wochen: „Wir werden bald die Colormix-Einrichtung voll in Betrieb nehmen und dann starten wir die Produktion nuancierter Produkte. Das wird uns in dieser Region einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil einbringen. Die einfarbigen Betonwaren, die wir bisher hier produzierten, waren super. Bei den Block- und Mauersteinen haben wir ein absolut perfektes Ergebnis erzielen können.“¢ 


Andrea Janzen
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