Seeblickwegbrücke – 70 Meter lange integrale
Holz-Carbonbeton-Verbundbrücke

Mit diesem 70 Meter langen Bauwerk wurde sowohl ein optimaler Lastabtrag für die vorgegebene Länge der Brücke als auch eine optimale Symbiose der Werkstoffe (Holz, Beton, Carbonbewehrung) in Bezug auf die Gebrauchstauglichkeit und Dauerhaftigkeit im vollen Einklang mit der Nachhaltigkeit ins Gleichgewicht gebracht. Ein besonderes Merkmal ist die Ausführung der Brücke als Zweifeldträger und die damit einhergehende wechselnde Biegebeanspruchung des Querschnitts. Aus diesem Grund wurde dieser am Mittelauflager als reiner Carbon-
plattenbalken und im Feldbereich als Holz-Beton-Verbund (HBV) hergestellt. So konnte sichergestellt werden, dass die positiven Eigenschaften der verwendeten Materialien optimal ausgenutzt werden. Die Verbindung des CNC-gefrästen Holzquerschnittes mit der Betonplatte wird über eingeklebte Schubbleche sichergestellt. Die Ausleitung der Querkräfte aus dem Holzträger in den Betonüberbau erfolgt dagegen mit axial belasteten, eingeklebten GFK-Stäben mit einem „Kopfbolzen“ im Beton. Der reine Betonquerschnitt an den Widerlagern hat eine maximale Stärke von 59 cm und wird mit acht Lagen Carbonmatten im Zugbereich bewehrt. Für den Abtrag der Querkräfte wurden Carbonstäbe für die Bügelbewehrung eingesetzt. Durch den Einsatz der nichtmetallischen
Bewehrung konnte auf eine Schutzschicht verzichtet werden, sodass besondere Anforderungen an die Betonrezeptur gestellt wurden. Neben der Frost- und Taumittelbeanspruchung (XF4) war auch eine ausreich-ende Fließfähigkeit (F5) gefordert, um die Betonage der Brücke vor Ort zu ermöglichen. Um ein besseres Verständnis für den Umgang mit dem Werkstoff Carbonbeton bei der ausführenden Firma zu erreichen, wurden im Vorfeld Betonierproben unter Berücksichtigung der dichten Bewehrungsführung durchgeführt.

Die komplette Objekt- und Tragwerks-planung erfolgte in enger Abstimmung mit dem Tiefbauamt der Landeshauptstadt Stuttgart durch das Ingenieurbüro Harrer. Die statische Bemessung wurde dabei anhand der Richtlinie für die Bemessung von Betonbauteilen mit nichtmetallischer Bewehrung durchgeführt.

Die Kombination der verwendeten Baumaterialien und deren gezielter Einsatz macht die Bauweise besonders effizient und klimafreundlich.

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