VDB-Fachtagung auch 2018 ein voller Erfolg

Die VDB-Fachtagung 2018 in Warnemünde hat die hohen Erwartungen der Teilnehmer noch übertroffen. Dies zeigen die zahlreichen Fragen und intensiven Diskussionen nach allen Vorträgen, die am 9. Mai 2018 im Kongresszentrum Hohe Düne direkt an der Ostsee gehalten wurden. Nach den Grußworten von Heiko Tiburtius, Leiter des Amts für Verkehrsanlagen der Hansestadt Rostock, gaben die Referenten der Fachvorträge einen kompletten Überblick über aktuelle Entwicklungen und Tendenzen in der Betonwelt.

Der Beton für die Feste Fehmarnbeltquerung

Dipl.-Ing. Ralf-Rüdiger Honeck, Femern A/S, trug zum Mammutprojekt der festen Fehmarnbeltquerung über die Ostsee zwischen Deutschland und Dänemark vor. Im Jahr 2008 wurde in einem Staatsvertrag zwischen Dänemark und Deutschland der Bau einer festen Verbindung über die Ostsee von der dänischen Insel Lolland zur Insel Fehmarn beschlossen. Die Planung sieht einen 18 km langen kombinierten Straßen- und Eisenbahntunnel zwischen Puttgarden auf Fehmarn und Rødbyhavn auf Lolland vor.

Der Tunnel ist als Absenktunnel geplant und wird aus 79 Standardelementen und zehn Spezialelementen bestehen. Die Tunnelelemente werden aus Beton in einer extra dafür errichteten Fabrik östlich des existierenden Fährhafens hergestellt. Von hier aus werden die schwimmfähigen Tunnelelemente zur gewünschten Stelle im Fehmarnbelt geschleppt und in einen vorher ausgehobenen Graben abgesenkt. Am Meeresboden werden die einzelnen Elemente miteinander zum Tunnel verbunden. Der Graben wird anschließend aufgefüllt, damit sich der natürliche Meeresboden wiedereinstellt.

Die derzeitige Planung sieht eine Inbetriebnahme im Jahr 2028 vor. Bei diesem Projekt läuft das Genehmigungsverfahren auf deutscher Seite zögerlicher als auf dänischer Seite, wo alle erforderlichen Genehmigungen schon seit einiger Zeit vorliegen. Zum Schwerpunkt des Vortrags – dem Betonkonzept zur Erfüllung aller Anforderungen an die Dauerhaftigkeit – wurden aus dem Plenum besonders viele Fragen gestellt, bei deren Beantwortung Co-Autor M.Sc. Ulf Jönsson, Femern A/S, zusätzliche Informationen beisteuerte. Es wird interessant sein nachzuverfolgen, ob diese Konzepte aufgehen. Der Referent versprach, in einigen Jahren gerne zu diesem Thema erneut vorzutragen.

Konzept zur Sicherstellung der Betonbauqualität

Dr.-Ing. Udo Wiens VDB, Deutscher Ausschuss für Stahlbeton e. V. (DAfStb), ging in seinem Vortrag auf die Hintergründe und den Entwicklungsprozess für die neue DAfStb-Richtlinie ein, die sich mit einem neuen Konzept zur Sicherstellung der Betonbauqualität beschäftigen wird. Die jüngeren Erfahrungen mit der Anwendung des bestehenden technischen Regelwerks für die Betonherstellung und Bauausführung in Deutschland haben gezeigt, dass die vorhandenen Regelungen und Prüfungen aktuell für einige Anwendungssituationen zu ergänzen und zu modifizieren sind, um die erforderliche Betonbauqualität zielsicher über die Teilbereiche Planung, Betontechnik und Ausführung hinweg zu erreichen. Bisher wurden in Deutschland die Öffnungsklauseln in der europäischen Normung großzügig genutzt, um im nationalen Anwendungsdokument alle aus nationaler Sicht erforderlichen Festlegungen einzubringen, die für das Erreichen einer hohen Betonbauqualität erforderlich sind. Dieser Weg ist zukünftig nicht mehr möglich, was dazu führte, dass der Entwurf der DIN 1045-2:2014-08 in dem zuständigen Normenausschuss nicht verabschiedet werden konnte. Zur Sicherstellung der Betonbauqualität werden hier nun neue Wege beschritten: Zwar reichen in vielen Fällen des allgemeinen Hochbaus die Regelungen der neuen DIN EN 206:2014-07 mit einer DIN 1045-2 aus, in der ausschließlich die zulässigen Öffnungsklauseln der EN 206 genutzt werden. Aber die z. B. bei Brücken und Wasserbauten deutlich längeren planerischen Nutzungsdauern stellen weitaus höhere Anforderungen, die nur durch ein erweitertes Konzept zur Betonbauqualität erfüllt werden können. Eine Aufteilung für Standardfälle und komplexere Fälle erscheint nötig. 2016 wurde ein erstes Konzept für eine entsprechende Richtlinie des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton (DAfStb) mit dem Titel „Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton – Gesamtheitliche Regelungen für die Bemessung und Konstruktion, Beton und Ausführung“ vorgelegt. Der Entwurf sieht eine Unterteilung der Bauwerke in drei Betonbauqualitätsklassen (BBQ-N, BBQ-E und BBQ-S) vor. Ergänzt wird die Unterteilung durch je drei Planungsklassen (PK), Betonklassen (BK) und Ausführungsklassen (AK).

Führt in der Qualitätsklasse BBQ-N „normale Anforderungen“ das Handeln der Beteiligten auch ohne vertiefte Abstimmung untereinander i. d. R. zum Erfolg, werden verbindliche Ausschreibungs- und Ausführungsgespräche unter Einbeziehung der maßgebenden Experten in den höheren Qualitätsklassen BBQ-E und BBQ-S vorgeschrieben. In der Richtlinie werden etwa 60 Anwendungsfälle (Bauteile) und deren Zuordnung zu den Bauteilklassen aufgeführt. Die Festlegung der BBQ-Klasse wird dabei eine Planungsaufgabe sein. Dr. Wiens rief bei seinem Vortrag die Tagungsteilnehmer dazu auf, sich in die Entwicklung der Richtlinie mit einzubringen und so zum Erfolg beizutragen. Die anschließende Diskussion belegte die große Bedeutung dieser Entwicklungen für die Betontechnologen.

Beton mit hohem Chlorideindringwiderstand – Erfahrungen aus den Niederlanden

Dr. Gert van der Wegen VDB, SGS INTRON B.V., ging in seinem Vortrag auf die langjährigen Erfahrungen in den Niederlanden mit dem Einsatz von Betonen mit hohem Chlorideindringwiderstand und die zahlreichen Prüfergebnisse ein, die eine Bewertung des Chlorideindringwiderstands bezüglich der Abhängigkeit von der Betonzusammensetzung als auch vom Alter des Betons zulassen. In der aktuellen Fassung der Betonnorm EN 206 wird ein deskriptives Konzept für die Dauerhaftigkeit des Betons verwendet, wobei der Nachweis der Dauerhaftigkeit über die Einhaltung der Grenzwerte des Regelwerks bezüglich Betoneigenschaften und Betonzusammensetzung geführt wird. Dabei wird aber der Einfluss der jeweiligen Zementart oder des Betonzusatzstoffs nicht ausreichend berücksichtigt. Die Weiterentwicklung der zukünftigen europäischen Betonnorm EN 206 sieht unter anderem den Einsatz leistungsbezogener Entwurfsverfahren (Performancekonzept) für Beton vor, bei dem dies und auch die zeitliche Entwicklung von Einwirkungen und Widerständen besser berücksichtigt werden. Der Widerstand des Betons gegen das Eindringen von Chloridionen ist dabei eine der wichtigsten Eigenschaften des Betons mit hoher Relevanz für die Dauerhaftigkeit. Die Auswahl der Betonausgangsstoffe und die Festlegung der Betonzusammensetzung beeinflussen den Chlorideindringwiderstand von Beton wesentlich. Eine der betontechnologischen Maßnahmen zur Erhöhung des Chlorideindringwiderstands von Beton ist der Einsatz von Flugasche und Hüttensandmehl als Bestandteil des Zements oder als Betonzusatzstoff. Die Prüfung und die Bewertung des Chlorideindringwiderstands sind in Europa noch nicht endgültig geregelt. Hier können die Erfahrungen in den Niederlanden Maßstab sein.

Bemessung trifft auf Betontechnologie

Kern des Vortrags von Dr.-Ing. Diethelm Bosold VDB, InformationsZentrum Beton GmbH, war die Bewältigung der Schnittstellenproblematik zwischen Tragwerksplaner und Betontechnologen. Überall in der Planung und Ausführung eines Bauprojekts gibt es Schnittstellen, an denen Festlegungen und Informationen von einem Beteiligten in der Kette zum nächsten weitergegeben werden müssen. Dabei ist die für die Betontechnologen interessante Schnittstelle natürlich die Frage, welche Festlegungen der Tragwerksplaner hinsichtlich der Betonzusammensetzung macht. Und das erfolgt an diversen Stellen, da die Betoneigenschaften direkt von der Zusammensetzung des Betons beeinflusst werden.

Betonzusatzmittel in der Praxis

Dipl.-Min. Eugen Kleen, MC-Bauchemie Müller GmbH & Co. KG, gab als Obmann des FA 2 „Betontechnik“ der Deutschen Bauchemie einen Überblick über die Wirkungsweise von Betonzusatzmitteln in der modernen Betontechnologie. Schwerpunkte waren dabei der Einsatz von PCE-Fließmittel für Industrieböden, die Mischungsstabilität und Prüfverfahren. Betonzusatzmittel haben der Betonbauweise den Weg in neue Einsatzbereiche geebnet und in vielen Bereichen die Bauweise wirtschaftlicher gemacht. Oft werden Betonzusatzmittel aber auch für Probleme im Betonbau verantwortlich gemacht: Meist voreilig. Ohne Frage ist das Zusammenspiel der verschiedenen Betonausgangsstoffe im Laufe der Jahrzehnte komplexer geworden. Aus dem Drei-Stoff-System Beton (Zement, Gesteinskörnung, Wasser) ist ein Viel-Stoff-System geworden, bei dem die einzelnen Komponenten Zement, Betonzusatzstoff und Betonzusatzmittel aufeinander abgestimmt werden müssen. Hier bedarf es erfahrener Betontechnologen, die die Anforderungen aus dem Bauverfahren, die Einbaubedingungen und die geforderten Betoneigenschaften aufeinander abstimmen. Der Vortrag zeigte dafür einige Beispiele aus der Praxis.

Dauerhaftigkeitsklassen in nächster Eurocode-Generation: Wie sind Schweizer Betonproduzenten darauf vorbereitet?

Dipl. Bauing. ETH/SIA Roland Weiss, Verband Schweizerischer Betontechnologen (VSB), ging in seinem Vortrag zunächst auf die Einordnung der Schweizerischen Betonnorm SN EN 206:2013+A1:2016 in die Baunormen der Schweiz ein und erläuterte den Nachweis der Expositionsklassen nach SN EN 206. Anschließend stellte er die in Abhängigkeit von den Expositionsklassen geforderten Dauerhaftigkeitsprüfungen vor. Themen waren die Prüfmethoden gemäß SIA 262/1, die nachzuweisenden Grenzwerte und die geforderten Prüfhäufigkeiten. Seine weiteren Ausführungen beschäftigten sich mit objektspezifischen Regelungen und den Herausforderungen beim Nachweis der Expositionsklassen nach SN EN 206. Abschließend stellte er Untersuchungen und Forschungsresultate zur Dauerhaftigkeit am Objekt vor und zog ein teilweise durchaus kritisches Fazit bezüglich Aufwand und Nutzen von Dauerhaftigkeitsnachweisen im Rahmen der WPK von Beton.

Nord Stream 2 – Sichere Energieversorgung für Europa

Einleitend wies Steffen Ebert, Nord Stream 2 AG, auf die zunehmende strategische Bedeutung des Zugangs zu Erdgasressourcen für die Staaten der Europäischen Union hin. Angesichts einer stabil bleibenden Nachfrage und schwindenden heimischen Vorkommen ist Europa auf Importe angewiesen. Schon 2011 ging mit Nord Stream 1 eine leistungsfähige Erdgaspipeline durch die Ostsee zu den russischen Erdgasfeldern in Betrieb. Die 1224 Kilometer lange Route von Nord Stream 2, die Ende 2019/Anfang 2020 in Betrieb gehen soll, knüpft an die positiven Erfahrungen und das Design der bestehenden Pipeline an und folgt großenteils deren Route durch die Ostsee. Sie stellt die effizienteste Verbindung zu den großen russischen Erdgasvorkommen dar. Die beiden Leitungsstränge werden auf wirtschaftliche, umweltverträgliche und verlässliche Weise bis zu 55 Mrd. m3 Erdgas pro Jahr liefern. Der beim Bau der Pipeline zur Ummantelung der Stahlrohre eingesetzte Schwerbeton stabilisiert die Leitung und schützt sie vor Beschädigung.

Vorsitzender und Schatzmeister wiedergewählt

Die VDB-Mitgliederversammlung gab den Mitgliedern wieder die Möglichkeit, sich umfassend über die geleistete Arbeit des Verbands zu informieren und auf die künftigen Aktivitäten Einfluss zu nehmen. Turnusgemäß zur Wahl standen in Warnemünde der Vorsitzende des VDB und der Schatzmeister. Prof. Dr.-Ing. Matthias Middel, 1. Vorsitzender des VDB, und Dipl.-Ing. Franz Josef Bilo, Schatzmeister des Verbands, wurden von den Delegierten einstimmig bei eigener Enthaltung wiedergewählt.

 

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