Modernste Schachtfertigung im Betonwerk Müller in Achern, Deutschland

Südlich von Baden-Baden und vor der Kulisse des Schwarzwaldes befindet sich seit 1887 der Firmensitz der Betonwerk B. Müller GmbH. Im Jahr 2006 entschied man sich zur Verlagerung der Fertigungsstätte, da in den letzten Jahrzehnten die Wohnbebauung sehr nah an das ursprüngliche Werk herangeführt wurde. Nach Überprüfung aller Möglichkeiten beschloss man, ein geeignetes Grundstück im wenige Kilometer entfernten neuen Gewerbegebiet zu kaufen. Auf diesem über fünf Hektar großen Gelände entstand eine Schachtunterteilproduktion auf dem neuesten Stand der Technik. Der österreichische Anlagenhersteller Schlüsselbauer hat mit diesem weiteren Produktionsstandort bereits mehr als ein Dutzend dieser Perfect-Anlagen in Europa installiert.

Seit nunmehr fünf Generationen ist das Betonwerk Müller im Familienbesitz. Heute wird es geleitet von den beiden Geschäftsführern Siegfried Müller und Joachim Strack. Das Produktspektrum des Unternehmens umfasst Fertigschächte, Betonfertigteile für die Regenwasserversickerung und -nutzung sowie Sonderbauwerke. Zu den Sonderbauwerken zählt u.a. die Schmutzfangzelle. Liefergebiet ist hauptsächlich der Südwesten Deutschlands. Die Regenwassernutzungssysteme werden auch ins benachbarte Frankreich geliefert.
Der Bau des Werkes auf dem neuen Gelände ist die größte Investition des Unternehmens in den letzten 100 Jahren. Das setzt eine solide Planung und gute Organisation voraus. All das spiegelt sich im Zeitplan der Baumaßnahme wider: 2006 erwarb man das Grundstück, 2008 errichtete man die Werkshalle, baute das Perfect-System auf und installierte die Mischanlage. In diesem Jahr wird man sich den Außenanlagen, dem Büro- und Sozialgebäude und der vollständigen Verlegung des Standortes widmen. Derzeit arbeiten nur einige der Angestellten in der neuen Werkshalle, der Großteil der Belegschaft ist noch im alten Werk tätig. Das hat unter anderem den Vorteil, dass alle neuen technologischen Aspekte vor einer Serienfertigung besser berücksichtigt werden können. Eventuelle Verzögerungen, die der neue Produktionsprozess mit sich bringen könnte, werden mit zwei Standorten besser abgefangen. Bisher waren dadurch keine großen Verzögerungen in der Produktion zu verzeichnen.

Entscheidung für das System Perfect
Die Entscheidung von Müller Schachttechnik für die Schachtunterteilfertigung mit Perfect war ein wohlüberlegter Prozess. Man kannte das Produkt von Messen und Presseberichten, dennoch hielt man dieses Verfahren lange Zeit für nicht notwendig, da man mit den Ergebnissen der manuell gefertigten Gerinne seiner Belegschaft immer zufrieden war und das „Handwerk“ hoch geschätzt wurde. Aber mit der Entscheidung zum Neubau stellte man alle bisherigen Werks- und Produktionsabläufe infrage. Somit fiel dann die Entscheidung für die Produktion der monolithischen Schachtunterteile einfach: Die Qualität von Schacht und Gerinne ist sehr hoch, und das bei gleichzeitiger Fertigungsflexibilität. Im Wettstreit gegen die Kunststoffsubstitute kann ein monolithisches Schachtbauwerk mit derartig ebenen und plangetreuen Oberflächen nur die richtige Maßnahme sein.
Außerdem wollte man hier nicht nur die üblichen Dimensionen DN 800/1000 produzieren, sondern auch die Formate DN 1200 und DN 1500. Für dieses Novum entwickelte der Anlagenbauer sein Konzept eigens weiter. Bei diesen Großformaten müssen diverse Prozesse und Module angepasst werden, so benötigt man u.a. eine spezielle Verlastung für die bis zu 8 t schweren Bauteile. Die Rezepturentwicklung wurde ebenfalls an das neue Produktprogramm und Herstellverfahren angepasst.
Wichtige Merkmale des Betonwerks sind Sauberkeit, Ordnung und systematische Arbeitsabläufe. So hat man auch bei der Werkshalleneinrichtung auf ein gleichmäßiges Konzept gesetzt. Alle Anlagenteile, Lasthebeeinrichtungen u.ä. der Industriehalle sind in den Farben Blau und Gelb gehalten, was auch den Firmenfarben entspricht.
Die Werkstore sind und werden für alle Kunden geöffnet sein; zusätzlich bietet man Planern und Behörden die Möglichkeit von vereinbarten Werksbesichtigungen. Diese Transparenz soll die Bekanntheit des Betonwerks verstärken und das Interesse an den Perfect-Schachtbauwerken wecken. Man weiß, dass neben der normativen Anforderung an Tiefbauelemente auch der visuelle und haptische Eindruck maßgeblich ist.
Mit dem neuen Produktionsverfahren sind nun auch Schächte für Anschlussweiten bis 1.000 mm möglich (Abb 1). Somit konnte man das Schachtprogramm auf alle gängigen Rohrtypen und -anschlüsse erweitern. Die ausschreibenden Stellen, die Kunden des Betonwerks sind, arbeiten in ihren Baumaßnahmen sowohl mit sohl- als auch scheitelgleichen Gerinnen. Dies alles qualitativ hochwertig zu bedienen, ist mit dem neuen Produktionsablauf kein Problem.
Auch die Schachtaufbauteile werden im Betonwerk Müller mit höchsten Qualitätsansprüchen hergestellt. So werden Konen und Schachtringe mit integrierten Dichtungen gefertigt. Das Spitzende von Schachtringen wird mit Stahlendringen schalungserhärtend und somit hochpräzise hergestellt.
Allerdings wird auch weiterhin ein geringer Prozentsatz der Schächte mit geklinkertem Gerinne angeboten und ausgeliefert werden. Denn es gibt einerseits noch Nachfragen zu dieser Bauweise und andererseits existiert für größere Schachtbauwerke noch keine Möglichkeit zur monolithischen Gerinnefertigung.

Anfertigung des Halbfertigteils
Vor dem Betonieren muss jede Schalung mit Muffe und dem Gerinne als Negativform vorbereitet werden. Die so genannte Negativform des Gerinnes ist wesentlicher Bestandteil dieses Fertigungsverfahrens. Im Betonwerk Müller wurde sogar eine lasergesteuerte Überprüfung des Gerinne-Halbfertigteils berücksichtigt. Dabei kamen Komponenten von SL Laser zum Einsatz.
Im systemeigenen Programm „Perfect Control“ ist jeder zu fertigende Schacht als Auftrag mit entsprechender Stückliste hinterlegt. Ebenfalls in dieser Software werden die Produktionsdaten wie Herstelldatum und Produktbezeichnung mitgeführt. Das ermöglicht die Bereitstellung einer Produktkennzeichnung, die ausgedruckt wird. Jenes Kennblatt ist während der Fertigung bauteilbegleitend und wird später am fertigen Bauteil außen angebracht. Dieses Etikett ist natürlich auch wesentlicher Bestandteil der WPK und des QM-Systems (Abb. 2). In dieser Software wird der zu fertigende Schacht abgerufen, die erforderliche Stückliste der Polystyrol-(EPS-) Grundformen wird angezeigt, sodass der Mitarbeiter alle erforderlichen Teile aus dem Lager holen kann. Liegen die Formen der jeweiligen Gerinne/Nennweiten bereit, gibt das Programm vor, welche Schneidarbeiten an den einzelnen Teilen notwendig sind. Dazu wird das zu schneidende Teil auf die 2-D-Säge gelegt, die auf dem Tisch mit einer Gon-Maßeinteilung versehen ist. Per Heißdrahtschneidverfahren werden die Standardformen von Haupt- und Nebengerinnen auf die benötigte Länge gekürzt.
Legt man nun die Gerinneteile auf die Laserprojektionstafel, kann man schon anhand des Lasers den richtigen Gerinneverlauf überprüfen, was die Qualitätskontrolle erheblich vereinfacht und automatisiert (Abb. 3). Das sichert ein hohes Maß an Genauigkeit. Im nächsten Arbeitsschritt müssen die jeweiligen Gerinne passgenau aneinandergefügt werden. Dazu ist die NC-gesteuerte 3-D-Säge notwendig (Abb. 4). Gebogene Schneiddrähte, die es für die verschiedenen Gerinnedurchmesser gibt, bringen den benötigten gebogenen Schnitt an den Seitenzuläufen an, wobei der gebogene Schneiddraht dem Durchmesser des Hauptgerinnes entspricht. Dazu kann das EPS-Teil in der Höhe verfahren werden, die Werkzeughöhe bleibt in dieser Säge immer konstant.
Mit einer Heißklebepistole werden die EPS-Teile von Gerinne und Zulauf miteinander verbunden.
Im nächsten Arbeitsschritt wird die Bermenneigung eingebracht. Dazu wird die Gerinnekombination auf einen Rundteller mit Drehachse gelegt, der dem Schachtdurchmesser entspricht. So können alle benötigten Neigungen (Standard 1:20) in der zylindrischen Auflagefläche ausgeführt werden. Das Gefälle wird bis in den Rohranschluss geschnitten. Die Sägereste fallen nach dem 360°-Schnitt allein ab. Anschließend wird das Halbfertigteil auf die Rundsäge gelegt, damit hier der Außenradius (= Schachtdurchmesser) exakt eingearbeitet werden kann (Abb. 5).
Im letzten automatisierten Arbeitsschritt kommt die Innenteilsäge zum Einsatz (Abb. 6). An dieser Stelle werden mittels der höhenverfahrbaren Säge die Rohranschlüsse passend für Gerinne und Zulauf zugeschnitten. Auch hier müssen die Schnitte den radialen Formgebungen folgen.
Jede einzelne dieser Sägestationen ist mit einem kleinen Bildschirm ausgestattet, der die jeweiligen Teile und Arbeitsschritte anzeigt, was zur zusätzlichen Überprüfung dient.
Die Vorfertigung des Negativformkörpers ist nun beendet. Die Mitarbeiter bringen jetzt die integrierten Dichtungen und Muffen auf. Zusätzlich werden die geklebten Fugen von Gerinne und Zulauf außen mit Tape überzogen, um im späteren Schacht keine Grate nachbearbeiten zu müssen.

Betonieren der Schächte
Die Perfect-Schachtunterteilformen sind in diesem Werk als statische Formen realisiert. Jede Form hat ihren festen Standort, wo sie mit Beton befüllt wird. Das bedeutet zwar einen niedrigeren Automatisierungsgrad, aber so sind Anfertigungen von Sonderlösungen besser zu berücksichtigen.
Das vorgefertigte Negativgerinne aus EPS wird nun in die Stahlschalung gelegt (Abb. 7). Die aufliegenden Ränder werden mit einem Dichtband abgedichtet, um auch hier Grate zu vermeiden. Das Aufbringen von Schalwachs auf den Polystyrolhartschaum erleichtert das spätere Ausbauen der Negativform. Die Fertigung der Schächte erfolgt über Kopf.
Die zwei Halbschalen der Stahlform werden geschlossen und der selbstverdichtende Beton wird eingefüllt. Jener SVB wird in der Mischanlage, die an einer Stirnseite angebracht ist, abgerufen. Von dort wird der Beton über eine Kübelbahn in die Halle befördert. Über eine Zwischenstation (Fülltrichter) wird die Mischung anschließend in einen Kübel gefüllt. Über eine Kranbahn kann nun jede einzelne der Schachtunterteilformen betoniert werden.
Einen gewissen Anteil der Produktpalette nehmen Schächte aus Hochleistungsbeton ein. Die mit UHPC gefertigten Schächte werden durch den rot eingefärbten Beton gekennzeichnet. Zum Einsatz kommen die hochwertigen Fertigteile vor allem in Abwassergebieten, wo die zukünftige oder langfristige Nutzung der Stadtteile noch nicht gewiss ist oder wo man die starke Belastung des Abwassers bereits kennt.

Ausschalen
Am nächsten Produktionstag können die Schächte entschalt werden. Dazu wird die zweiteilige Schalung geöffnet (Abb. 8) und der Schacht von der Stahlform abgehoben. Der Schacht wird in die Wendetraverse eingeklemmt und dann um 180° gedreht (Abb. 9). Somit werden die Schächte lagegerecht (nicht mehr über Kopf) abgesetzt. Nun wird die Gerinneform ausgebaut (Abb. 10). Das dabei anfallende Styropor wird gesammelt und verwertet. Mittels Recycling kann es später dem Prozess wieder zugeführt werden.
Anschließend wird der Schacht über das Förderband durch ein Hallentor nach außen befördert. Im Außenbereich und im Lager werden alle Betonfertigteile mit Staplern bewegt.

Ausblick
Die Müller Schachttechnik ist mit dieser Investition optimal für die Zukunft und die Anforderungen ihrer Kunden aufgestellt. Durch das Fertigungsverfahren Perfect können sie die notwendige Planungsfreiheit an ihre Kunden weitergeben und gleichzeitig die hydraulische Leistungsfähigkeit durch hochwertige Fertigteile mit monolithischer Struktur und glatten Oberflächen ideal unterstützen.

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