Chancen und Grenzen des
Betonrecyclings

Für die Betonherstellung könnten zukünftig zunehmend rezyklierte Gesteinskörnungen eingesetzt werden. In Teil I des Artikels geht es um die Optimierung von Mischungsentwurf und -ablauf sowie um mechanische Eigenschaften von Rezyklatbeton.

Beton ist der am meisten verwendete Baustoff weltweit. Werden die ab 1950 in Deutschland erzeugten Zementmengen einer Ermittlung der produzierten Betonmengen zugrunde gelegt und daraus die Betonmenge berechnet, die sich im Bauwerksbestand kumuliert hat, ergibt sich eine fiktive Menge von über 12 Mrd. t (Abb. 1).

Das tatsächlich seit 1950 aufgebaute Betonlager ist um die durch Rückbau und Abbruch entnommene Menge geringer. Wird angenommen, dass diese Betonmenge bis 1995 18 % der jährlich produzierten Betonmenge und ab 1996 80 % des jährlich anfallenden Bauschutts entspricht, beträgt die Betonmenge, die im Bauwerksbestand kumuliert ist, rund 10 Mrd. t.

Das anthropogene Betonlager hat also einen erheblichen Umfang erreicht. Auch wenn es noch deutlich unter den vorhandenen Vorräten an Kies und Sand bleibt, die auf 220 Mrd. t geschätzt werden [2], wird es zukünftig zunehmend als Rohstoff Berücksichtigung finden.

Etablierung in der Baupraxis

Gegenwärtig wird dem anthropogenen Baustofflager jährlich eine Materialmenge von rund 80 Mio. t entnommen. Nach der Aufbereitung werden die erzeugten Rezyklate, deren Menge sich zwischen 50 und 60 Mio. t bewegt, hauptsächlich im Straßen- und Tiefbau verwertet (Abb. 2). Eingesetzt werden können Recycling-Baustoffe, die aus Asphalt oder Betonaufbruch hergestellt wurden. Damit ist in diesem Sektor ein nahezu geschlossener Stoffkreislauf aufgebaut. Im Hochbau ist dieser Zustand dagegen noch nicht erreicht. So werden bisher im Mittel lediglich 1,2 Mio. t Betonbruch zu rezyklierten Gesteinskörnungen für die Betonherstellung aufbereitet. Das entspricht einem Anteil von 2,2 % an den insgesamt aufbereiteten Bauabfällen.

Eine Voraussetzung zur Etablierung der Betonherstellung aus rezyklierten Gesteinskörnungen in der Baupraxis ist das Vorliegen von Vorschriften zu den Anforderungen an diese Gesteinskörnungen und zu ihren Einsatzmöglichkeiten im Beton. Diese Vorschriften wurden aufbauend insbesondere auf den Ergebnissen des Verbundforschungsprojekts „Baustoffkreislauf im Massivbau“ und verknüpft mit der Einführung Europäischer Normen entwickelt. Inzwischen haben sie einen solchen Stand erreicht, dass die Substitution eines Teils der natürlichen Gesteinskörnungen durch Rezyklate mit definierter Zusammensetzung in Abhängigkeit von dem Einsatzgebiet des Betons möglich ist, ohne die Bemessungsgrundlagen zu verändern.

Ein weiteres Instrument, das Recycling im Hochbau voranzubringen, war und ist die Errichtung von Mus-terbauten. In den 2009 in Ludwigshafen und Stuttgart gestarteten Initiativen wurde nachgewiesen, dass RC-Beton, der entsprechend den Vorschriften hergestellt ist, ein vollwertiger Baustoff ist und ökologische Vorteile aufweisen kann [4] [5] [6].

In urbanen Ballungsgebieten, in welchen natürliche Gesteinskörnungen für die Betonherstellung erst aus größeren Entfernungen antransportiert werden müssen, bestehen Vorteile für rezyklierte Gesteinskörnungen, weil diese vor Ort oder in geringer Distanz verfügbar sind. Es ist zu erwarten, dass in solchen Ballungsräumen, in denen zugleich eine hohe Nachfrage nach Bauleistungen besteht, der Einsatz von rezyklierten Gesteinskörnungen für die Betonherstellung ansteigen wird.

2 Stand der Forschung zur Betonherstellung aus
rezyklierten Gesteinskörnungen

2.1 Beeinflussung der Rezyklatqualität durch
Vorbehandlungsmethoden

Betonrezyklate stellen Komposite dar – auch wenn durch einen sorgfältigen selektiven Rückbau erreicht wird, dass sie sortenrein vorliegen. Ihre Zusammensetzung kann sich von Korn zu Korn unterscheiden (Abb. 3).

Die Folge des Kompositcharakters von Betonrezyklaten sind Eigenschaftsschwankungen. Insbesondere die Porosität kann sich in einem Bereich bewegen, der sich theoretisch von der Porosität des Zementsteins bis zur Porosität der natürlichen Gesteinskörnungen erstreckt. Dadurch wird die Qualität der Rezyklate vermindert. Außerdem weist sie im Vergleich zu natürlichen Gesteinskörnungen größere Schwankungen auf. Die Reduzierung der Porosität ist deshalb Gegenstand von Untersuchungen mit unterschiedlichen Ansätzen.

Ein Ansatz ist die Entwicklung von Aufbereitungsverfahren, mit denen zementsteinfreie Körnungen erzeugt werden können. Drei Gruppen lassen sich unterscheiden:

Verfahren, die auf Druck- und Zugbeanspruchungen an der Phasengrenze zwischen Zementstein und Gesteinskörnung abzielen,

Verfahren, die auf einer Abrasionsbeanspruchung aufbauen,

Verfahren, bei denen eine thermische und eine abrasive Beanspruchung kombiniert werden.

Elektrodynamische und Mikrowellen-Behandlung

Die Verfahren wurden in [9] im Überblick dargestellt. Die Erzeugung von Druck- und Zugbeanspruchungen an der Phasengrenzfläche als Methode, einen Aufschluss von Beton zu erreichen, wurde in jüngster Zeit erneut beschrieben [10]. Zum Einsatz kam das elektrodynamische Verfahren, bei dem sich der Beton in einem Wasserbad befindet und durch eine Unterwasserfunkenentladung beansprucht wird. Ein weiteres Verfahren wurde untersucht, bei dem die Betonstruktur durch Mikrowellen geschwächt wird. Der erreichte Anteil an zementsteinfreien Körnern nahm gegenüber den unbehandelten Betonen zu. Beispielsweise betrug der Anteil zementsteinfreier Partikel in der Fraktion 6,3/8 mm 26,0 % ohne Behandlung, 33,2 % bei Mikrowellenbehandlung und 45,6 % bei Behandlung mit dem elektrodynamischen Verfahren.

Die Anwendung von Mikrowellen zur Erzeugung von zementsteinfreien Betonrezyklaten wird auch von Noguchi [11] beschrieben. Dafür wird ein dielektrisches Material auf die Oberfläche der natürlichen Gesteinskörnungen appliziert, die zu Beton verarbeitet werden sollen. Werden diese Betone einer Mikrowellenbehandlung ausgesetzt, resultiert daraus eine selektive Erwärmung an der Phasengrenzfläche zwischen natürlicher Gesteinskörnung und Zementstein, die eine Trennung an dieser Stelle bewirkt.

Die Kombination von thermischer und abrasiver Beanspruchung wurde von Sui [12] [13] ausführlich untersucht. Danach reichen Temperaturen von 250 bis 300 °C aus, um den Zementstein so zu verspröden, dass er anschließend mit einer Behandlung in einer Trommelmühle von der Oberfläche der ursprünglichen Gesteinskörnungen entfernt werden kann. Die erreichte Qualitätsverbesserung wird unter anderem am Zementsteingehalt nachgewiesen. Vor der Behandlung lag der Zementsteingehalt der Fraktionen 2/4 mm und 4/8 mm zwischen 18,5 und 22,3 Masse-%. Nach der Behandlung verblieb ein Zementsteingehalt von 6,9 bis 9,7 Masse-%.

Die Erzeugung zementsteinfreier Rezyklate durch die Kombination von thermischer und abrasiver Beanspruchung wird nach Angaben von Noguchi [11] bereits im industriellen Maßstab erprobt. In einer Anlage mit einem Durchsatz von 4 t/d werden nahezu zementsteinfreie grobe und feine Körnungen sowie ein feindisperses Nebenprodukt erzeugt, in dem der Zementstein angereichert ist.

Imprägnierung mit Mikrosilika

Die Entfernung des Zementsteins von groben, rezyklierten Gesteinskörnungen durch eine Säurebehandlung wird von Tam [14] vorgeschlagen. Zur Anwendung kamen jeweils 0,1 molare Salzsäure, Schwefelsäure und Phosphorsäure. Die erreichten Verbesserungen, die anhand der Veränderungen der Wasseraufnahme und der Druckfestigkeit verfolgt wurden, waren eher gering.

Ein weiterer Ansatz zur Verbesserung der Eigenschaften von Rezyklaten ist die gezielte Abdichtung der Korn-oberfläche von groben Rezyklaten. Von Katz [15] wurden rezyklierte grobe Gesteinskörnungen, die von drei Laborbetonen unterschiedlicher Druckfestigkeiten stammten, nach einer Ultraschallreinigung mit einer Suspension aus Mikrosilika mit einem Feststoffgehalt von 10 % getränkt. Dies bewirkte eine Ablagerung dieses Materials auf der Oberfläche, die etwa 0,5 bis 0,8 % der Zuschlagmasse betrug. An den aus den imprägnierten Gesteinskörnungen hergestellten Betonen konnte ein Druckfestigkeitsanstieg im Vergleich zu den unbehandelten Proben festgestellt werden, der nach sieben Tagen deutlicher als nach 28 Tagen ausfiel. Ein Beton aus natürlichen Gesteinskörnungen, die ebenfalls mit dieser Methode behandelt wurden, zeigte eine Abnahme der Festigkeit.

Auch von Descarrega [16] wurde die Imprägnierung von Rezyklaten mit Mikrosilika untersucht. Ein puzzolanischer Effekt zwischen dem zugegebenen Mikrosilika und dem Calciumhydroxid, der zur Verbesserung der Kornfestigkeit führte, konnte durch phasenanalytische Untersuchungen nachgewiesen werden.

Die Abdichtung der Oberfläche durch wasserabweisende Zusatzmittel wurde von Tsujino untersucht [17]. Es wurden zwei in der Betontechnik eingeführte Produkte eingesetzt. Zum einen kam ein Schalöl, zum anderen ein wasserabweisendes Silan zum Einsatz. In Bezug auf die Festigkeiten wiesen die Betone mit den silanbehandelten Gesteinskörnungen deutlich geringere Werte auf als die Betone, die unbehandelte oder mit Schalöl behandelte Rezyklate enthielten.

Carbonatisierung

Von Kou [18] wurde das Imprägnieren von groben Rezyklaten mit Polyvinylalkohol (PVA) als Methode der Qualitätsverbesserung untersucht. Es zeigten sich geringe Verbesserungen der 28-Tage-Festigkeiten und deutlichere Zunahmen der 90-Tage-Festigkeiten gegenüber den nicht imprägnierten Körnungen. Bei anderen Eigenschaften wie der Trockenschwindung und dem Widerstand gegen das Eindringen von Chloridionen zeigten sich deutliche Verbesserungen.

Die in [19] beschriebenen Qualitätsverbesserungen mittels Selbstheilungseffekten, die durch eine Nachhydratation des im Wasser gelagerten Betonbruchs erreicht werden sollen, sind gering. Außerdem stammte der untersuchte Betonbruch von einem Betonprüflabor, sodass angenommen werden kann, dass es sich eher um einen jüngeren Beton handelte, der nicht repräsentativ ist für den aus Bauwerken stammenden Beton.

In Abbildung 4 sind die Auswirkungen der verschiedenen Methoden zur Oberflächenbehandlung von Rezyklaten auf die Druckfestigkeit dargestellt. Daraus kann das Fazit gezogen werden, dass durch die Mikrosilikabehandlung die höchsten Effekte erzielt werden. Die Effekte der anderen Methoden sind entweder nur gering oder es tritt sogar eine Abnahme der Druckfestigkeit auf.

Die gezielte Carbonatisierung von Betonrezyklaten als Methode der Oberflächenabdichtung wird von Seidemann [20] und Garbiec [21] beschrieben. Seidemann behandelt die Rezyklate in einem Rohrreaktor, der von einem CO2-Luft-Gemisch durchströmt wird. Mittels Quecksilberdruckporosimetrie wird ein Rückgang der Porosität von 35,0 Vol.-% auf 25,2 Vol.-% nach zwölfstündiger Behandlung bei einem CO2-Gehalt des zugeführten Gasstroms von 20 Vol.-% erreicht. Garbiec setzt die Rezyklate einer Biodeposition unter Verwendung einer bestimmten Bakterienart aus. Eine Abnahme der Wasseraufnahme um 1 Masse-% absolut wird nachgewiesen.

2.2 Beeinflussung der Qualität von Rezyklatbeton durch Veränderung des Mischungsentwurfs

Üblicherweise unterscheidet sich die Methode, die Zusammensetzung von Beton mit rezyklierten Gesteinskörnungen zu berechnen, nicht von der, die für Betone mit natürlichen Gesteinskörnungen angewandt wird. Eine zusätzliche Wasserzugabe, berechnet aus der Wasseraufnahme der Rezyklate, kann in der Rezeptur berücksichtigt werden. In diesem Fall ist zu unterscheiden zwischen dem wirksamen oder effektiven Wasserzementwert, der sich aus dem Zementgehalt und der für die Zementhydratation zur Verfügung stehenden Wassermenge ergibt, und einem „Brutto-Wasserzementwert“, in den das zusätzlich zugegebene, durch die Rezyklate aufgenommene Wasser einfließt.

Neben der volumenbezogenen Vorgehensweise bei der Ermittlung der Mischungszusammensetzung werden in der Literatur folgende weitere Methoden beschrieben [22] [23]:

Direct Weight Replacement Method (DWR): Eine bestimmte Masse an natürlichen Gesteinskörnungen wird durch rezyklierte Gesteinskörnungen ersetzt. Die Zementmenge und die Wassermenge werden nicht verändert.

Equivalent Mortar Replacement Method (EMR) nach Fathifazl [23]: Die rezyklierten Gesteinskörnungen werden betrachtet als Zweiphasenkomposite, bestehend aus dem anhaftenden Mörtel und den ursprünglichen groben, natürlichen Gesteinskörnungen. In der Mischungsberechnung wird das Volumen des anhaftenden Mörtels berücksichtigt.

Die Anwendung der EMR-Methode setzt die experimentelle Bestimmung der Mörtelmenge der rezyklierten Gesteinskörnungen voraus. Folgende Methoden werden genannt:

Die Körnungen werden nach Wassersättigung und Wärmebehandlung mechanisch vom Mörtel befreit [24].

Das Gefüge des Mörtels wird durch Behandlung mit Na2SO4-Lösung und Frost-Tau-Wechsel-Beanspruchung gelockert und anschließend mechanisch entfernt [25].

Die Auswirkungen der unterschiedlichen Methoden des Mischungsentwurfs auf die Zusammensetzung und die Eigenschaften des Betons wurden vergleichend untersucht [22]. In Bezug auf die Zusammensetzung geht aus den Untersuchungen hervor (Tab. 1), dass die Unterschiede der Betonrezepturen, die mit den volumen- beziehungsweise massebezogenen Ansätzen berechnet wurden, nicht sehr groß sind. Wird die Zusammensetzung mit der EMR-Methode berechnet, ergibt sich bei einem Austausch von 42 Vol.-% der groben, natürlichen Gesteinskörnung durch Rezyklate ein deutlicher Unterschied.

EMR-Betone

Werden die Betoneigenschaften gegenübergestellt, die von Knaack [22] an Betonen aus vergleichbaren Mischungen ermittelt wurden, so muss konstatiert werden, dass sich die Verarbeitbarkeit der EMR-Betone mit zunehmendem Anteil an Rezyklaten drastisch verschlechtert, auch wenn mit der Zugabe von Fließmitteln gegengesteuert wird. Die Festigkeitsunterschiede bei Masse- oder Volumenaustausch sind gering. Die Festigkeiten der EMR-Betone liegen unter den Festigkeiten der Betone, die mit Rezepturen nach dem Volumen- beziehungsweise Masseansatz hergestellt wurden. Die von Fathifazl [23] hergestellten EMR-Betone zeigen bei der Festigkeit keine Veränderungen, weil bei den Zement- und Wassergehalten nur geringe Unterschiede zu den Betonen bestehen, die nach der konventionellen Mischungsrechnung zusammengesetzt waren. Beim E-Modul zeichnen sich Verbesserungen ab.

Als Fazit ergibt sich aus der Gegenüberstellung der verschiedenen Methoden für den Mischungsentwurf, dass die EMR-Methode keine überzeugenden Vorteile bringt. Die dieser Methode zugrundeliegende Überlegung, dass der alte Mörtel die Ursache für die verminderte Leistungsfähigkeit von Betonen mit rezyklierten Gesteinskörnungen ist, ist zu unscharf. Zum einen ist der alte Zementstein und nicht der Mörtel die Ursache von Veränderungen. Zum anderen ist es zielführender, nach Möglichkeiten zu suchen, Betonbruch so aufzubereiten, dass zementsteinfreie rezyklierte Gesteinskörnungen entstehen, um so Qualitätsminderungen zu vermeiden. Außerdem muss die Praktikabilität der Methode zur Bestimmung des Mörtelgehalts angezweifelt werden. Die Bestimmung des Gehalts an altem Zementstein, der aus den oben genannten Gründen zur Charakterisierung von rezyklierten Gesteinskörnungen zu bevorzugen wäre, kann durch ein selektives Löseverfahren unter Verwendung von Salzsäure erfolgen. Es lehnt sich an die Bestimmung des Zementanteils nach DIN 52170-3: 02-1980 [26] an und wurde von Weimann [27] zur Ermittlung des Zementsteinanteils von rezyklierten Gesteinskörnungen modifiziert. Für Rezyklate, die keine Kalksteinkörnungen oder -mehle enthalten, liefert dieses Verfahren zuverlässige Werte, wie Untersuchungen an Modellgemischen aus reinem Zementstein und silikatischen Gesteinskörnungen zeigen [28].

Der Einfluss der zusätzlichen Wasserzugabe auf die Betonqualität wurde von Poon untersucht [29]. Bei der Verwendung von ofengetrockneten groben Rezyklaten bewirkt diese Wasserzugabe eine Verbesserung der Anfangskonsistenz im Vergleich zur Verwendung von wassergesättigten Rezyklaten. Der „slump loss“ – also das kontinuierliche Ansteifen nach der Wasserzugabe – ist höher als bei der Verwendung wassergesättigter Rezyklate, weil die getrockneten Rezyklate der Frischbetonmischung Wasser entziehen. Von Poon wird die Verwendung von ausgleichsfeuchten rezyklierten Gesteinskörnungen empfohlen, mit denen im Vergleich zu den wassergesättigten Rezyklaten höhere Druckfestigkeiten erreicht werden.

Die Konsistenz von Rezyklatbetonen lässt sich analog zu Betonen mit natürlichen Gesteinskörnungen durch die Verwendung von Fließmitteln steuern. In der Regel erübrigt sich dadurch eine zusätzliche Wasserzugabe.

2.3 Beeinflussung der Qualität von Rezyklatbeton durch Veränderungen des Mischungsablaufs und durch den Einsatz von Zusatzstoffen

Von Tam [30] [31] [32] wurden verschiedene Varianten des Mischungsablaufs untersucht. Die deutlichsten Fes-tigkeitszunahmen wurden erreicht, wenn der Ablauf so modifiziert wurde, dass die Gesteinskörnungen vorgemischt und mit einem Teil des laut Rezeptur erforderlichen Wassers vorgenässt wurden. Dann erfolgte die Zementzugabe. Erst nach einem nochmaligen Mischen wurde das restliche Wasser zugegeben. Der Anteil an grober, rezyklierter Gesteinskörnung betrug maximal 30 Masse-%.

Weitere Modifizierungen wie die Aufteilung der Zementzugabe auf die beiden Stadien der Mischungsherstellung oder die Zugabe von Mikrosilika im ersten Stadium wurden untersucht. Die erzielten Verbesserungen blieben aber gering.

Von Deyu Kong [33] wurden drei Mischungsabläufe verglichen:

der Mischungsablauf, bei dem alle Komponenten trocken vorgemischt werden und dann die Wasserzugabe erfolgt

der Mischungsablauf entsprechend Tam, bei dem die vorgenässten Gesteinskörnungen mit Zement und gegebenenfalls einem Zusatzstoff gemischt werden und am Ende die Zugabe des restlichen Wassers erfolgt

ein weiterer Mischungsablauf, bei dem die Zusatzstoffzugabe vor der Zementzugabe erfolgt.

Die groben Gesteinskörnungen wurden vollständig durch Rezyklate ersetzt. Anhand der 28-Tage-Festigkeiten konnten geringe Verbesserungen des Zweifach- gegenüber dem Einfachmischvorgang nachgewiesen werden. Deutliche Verbesserungen traten beim Übergang zu dem in drei Teile untergliederten Mischvorgang auf.

Ein Mischungsablauf, bei dem ein Coating der rezyklierten Gesteinskörnung in einer Zusatzstoffsuspension am Anfang des Mischungsvorgangs steht (Abb. 7), wurde von Jiusu Li [34] untersucht. Dabei wurden die groben Gesteinskörnungen vollständig durch Rezyklate ersetzt.

Als Zusatzstoffe kamen Mikrosilika, Steinkohlenflugasche und Hüttensandmehl zum Einsatz. Die Festigkeitszuwächse waren beträchtlich, nahmen aber ab, wenn Mischungen aus jeweils zwei Zusatzstoffen verwendet wurden.

Eine Gegenüberstellung der Auswirkungen der verschiedenen Mischungsabläufe auf die Druckfestigkeit nach 28 Tagen ist in Abbildung 8 dargestellt.

Verbesserung durch Zusatzstoffe

Die Mischungsabläufe, bei denen zuerst der Zusatzstoff und danach der Zement zugegeben wurden, bewirkten die größten Festigkeitszuwächse. Als Begründung wird übereinstimmend angegeben, dass durch die Zusatzstoffe die Phasengrenzfläche zwischen dem Rezyklat und dem neuen Zementstein verbessert wird und dass durch den Zusatzstoff Risse im Rezyklat gefüllt werden. Ein punktueller Nachweis wird mittels elektronenmikroskopischer Untersuchungen geführt.

Bei der Zugabe von Zusatzstoffen konnten in der Regel Verbesserungen gegenüber dem Rezyklatbeton ohne Zusatzstoff nachgewiesen werden. Wenn die Zugabe zusätzlich zum Zement erfolgte, nahm die Festigkeit der Rezyklatbetone mit steigender Zugabemenge zu. Der Anstieg war aber nicht höher als bei dem Beton ohne rezyklierte Gesteinskörnungen. Erfolgte die Zugabe der Steinkohlenflugasche im Austausch gegen den Zement, trat eine Abnahme der Festigkeit auf, die bei den Rezyklatbetonen sogar höher zu sein scheint.

Bei der additiven Zugabe von Zumahlstoffen konnte bei etlichen Untersuchungen eine Zunahme der Dichtigkeit des Betons nachgewiesen werden, die auf eine Erhöhung der Packungsdichte zurückgeführt wird [35] [36] [37]. Keine der Untersuchungen war aber so angelegt, dass mögliche Besonderheiten von Rezyklaten beim Einsatz von reaktiven Mineralstoffen im Austausch gegen Zement erkannt werden konnten. Die Fragestellung, ob das im Zementstein der Rezyklate eventuell vorhandene Ca(OH)2 sich an puzzolanischen Reaktionen beteiligt, wurde formuliert. Ihr wurde aber nicht konsequent nachgegangen.

2.4 Mechanische Eigenschaften von Rezyklatbeton

Die Veränderungen der Druckfestigkeit, des E-Moduls und der Parameter, mit denen die Formänderungen von Betonen erfasst werden, ist Gegenstand zahlreicher Untersuchungen. Als Einflussgröße steht der Anteil der rezyklierten Gesteinskörnung an der insgesamt verwendeten Gesteinskörnung im Mittelpunkt. Oftmals werden nur die groben Gesteinskörnungen ausgetauscht.

Von Müller [7] wurde bereits 2003 versucht, die zahlreichen Ergebnisse zusammenzufassen und zu systematisieren. Dazu wurden die Messwerte für die Rezyklatbetone auf den jeweiligen Referenzbeton bezogen, um so den Einfluss der neuen Gesteinskörnung und des neuen Zementsteins zu eliminieren. Wird diese Auswertung mit den jetzt verfügbaren, neueren Daten wiederholt, ergibt sich das gleiche Bild. Die bezogenen Druckfestigkeiten und E-Moduli nehmen mit zunehmendem Rezyklatanteil ab, wobei die Abnahme des E-Moduls stärker als die Abnahme der Druckfestigkeit ist (Abb. 9). Die Begründung ist der mit zunehmendem Rezyklatanteil zunehmende Anteil an altem Zementstein, dessen Einflussstärke auf Druckfestigkeit und E-Modul unterschiedlich ist. Wird beispielsweise die Druckfestigkeit betrachtet, für welche die Porosität die wichtigste Einflussgröße ist, wirkt hauptsächlich die infolge des höheren Zementsteingehalts erhöhte Porosität festigkeitsmindernd. Dagegen stellen in Bezug auf den E-Modul die Porosität und die Struktur der festigkeitsbildenden Calciumsilikathydrate im Zementstein wichtige Einflussgrößen dar. Eine stärkere Beeinflussung ist die Folge.

Zunehmende Schwankungsbreite der Festigkeit

Übereinstimmend mit den früheren Auswertungen besteht zwischen der bezogenen Druckfestigkeit und dem Anteil der rezyklierten Gesteinskörnungen lediglich eine schwache Korrelation. Bei einem Ersatz der groben Gesteinskörnungen durch Rezyklate ist der Festigkeitsrückgang gering.

Die Trendlinie für den bezogenen E-Modul ist durch einen deutlich höheren Regressionskoeffizienten charakterisiert. Trotzdem gibt es erhebliche Abweichungen einiger Literaturdaten von der Trendlinie, die der Aufklärung bedürfen. Eine Ursache dürfte die Qualität des Betons sein, aus dem die Rezyklate hergestellt wurden.

Die den Abschätzungen zum Rückgang von Festigkeit beziehungsweise E-Modul zugrundeliegende lineare Auswertung ist zumindest für die Abhängigkeit der Festigkeit von dem Anteil an rezyklierten Gesteinskörnungen nur eine grobe Näherung. In dem Bereich, in dem nur die Splittkörnungen durch Rezyklate ersetzt werden, ist der Festigkeitsabfall geringer als in dem Bereich, in dem feine und grobe rezyklierte Gesteinskörnungen verwendet werden (Abb. 10).

Festzustellen ist auch eine deutliche Zunahme der Schwankungsbreite der Festigkeit vom Beton mit natürlichen Gesteinskörnungen zum Beton mit rezyklierten groben und feinen Gesteinskörnungen.

Lesen Sie Teil II des Artikels in BFT International 05/2013 (Mai).

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